Japanische Erzählkunst im Züricher Museum Rietberg

Museum Rietberg
Tsukioka Yoshitoshi (1839–1892), «Taira no Kiyomori sieht die Schädel seiner Feinde im verschneiten Garten», aus der Reihe Eine neue Auswahl merkwürdiger Ereignisse Meiji-Zeit, 1882, Holzschnitt, Triptychon; Tusche und Farben auf Papier, 36,4 × 73,8 cm Museum Rietberg, Zürich (2021.51a–c), Foto: Rainer Wolfsberger

Ab dem 10. September präsentiert das Züricher Museum Rietberg die beiden Ausstellungen Liebe, Kriege, Festlichkeiten – Facetten der narrativen Kunst aus Japan (bis zum 5. Dezember) und Flow – Erzählen im Manga (bis zum 31. Januar 2022). Während sich die eine mit der Geschichte der japanischen Erzählkunst auseinandersetzt, beleuchtet die andere daraus erwachsene Erzählkunst der beliebten Medien Manga und Webtoon. Im Rahmen der letztgenannten Ausstellung außerdem stellen sieben internationale Künstler:innen ihre Werke aus, darunter die deutsche Manga-ka Christina Plaka (u. a. GoForIt), Leiterin der hiesigen Manga-Schule i am mangaka! (s. unser Interview) in Offenbach.

Museum Rietberg
Kitagawa Utamaro (1753–1806), Parodie der Episode «Der Fluss Akuta» in den Geschichten von Ise, Edo-Zeit, um 1801–1806, Hängerolle; Tusche und Farben auf Seide, 87 × 40 cm, Staatliches Museum für Orientalische Kunst, Moskau (ГК 4657180)

Liebe, Kriege, Festlichkeiten – Facetten der narrativen Kunst aus Japan

Das Museum Rietberg stellt im Rahmen der Ausstellung Liebe, Kriege, Festlichkeiten – Facetten der narrativen Kunst aus Japan über 100 dekorative Malereien, Lack- und Porzellanarbeiten, Seidenroben, Stellschirme, (Farb-)Holzschnitte (s. Bild oben), Hänge- und Querrollen und vieles mehr aus dem 13. bis 20. Jahrhundert aus. Im Fokus stehen dabei die auf den Exponaten verewigten Bildergeschichten – von Volksmärchen, Sagen und Legenden über Liebesgeschichten bis hin zu Andachtserzählungen, die über die Jahrhunderte hinweg Generationen von Künstler:innen inspirierten. So widmet sich die Ausstellung etwa den Ise Monogatari (dt.: Die Geschichten von Ise, s. Bild rechts), der bis heute populären Erzählung Genji Monogatari (dt.: Die Geschichte vom Prinzen Genji), dem Kriegerpos Heike Monogatari (dt.: Erzählungen von den Heike), Mythen rund um übernatürliche Wesen wie Shuten Doji (dt.: Legende vom betrunkenen Dämon) sowie adaptierten Werken (und Techniken) aus dem China der einflussreichen Tang-Dynastie (618–907), darunter die Ballade Das Lied vom ewigen Leid.

Die Ausstellung ist vom 10. September bis zum 5. Dezember geöffnet.

Flow – Erzählen im Manga

Die Parallelausstellung Flow – Erzählen im Manga, konzipiert von der renommierten Japanologin und Kunstwissenschaftlerin Dr. Jaqueline Berndt (aktuell Professorin für Japanologie an der Universität Stockholm), bringt den Besucher:innen die Entwicklungsgeschichte des Mediums Manga, seine verschiedenen Genres und besondere Erzählweise näher. Dabei schlägt sie auch den Bogen zur Schwesterausstellung, indem sie den Weg von den historischen Querrollen hin zu Manga- und Webtoonformaten aufzeigt und verschiedene moderne Interpretationen von alten Erzählgut in modernen Illustrations-, Manga- und Webtoonarbeiten präsentiert.

Museum Rietberg
Seite aus «Tanuki vs. Zodiac 12», Originalanfertigung für die Ausstellung, Christina Plaka, 2020 © Christina Plaka

So setzte die hiesige Manga-ka und I am manga-ka!-Dozentin Christina Plaka (u. a. GoForIt) für die Ausstellung Teile der aus dem 15. Jahrhundert stammenden Querrolle mit der Fabel vom Gedichtwettstreit der zwölf Tiere als Manga mit dem Titel Tanuki vs. Zodiac 12 (s. Bild links) um. Die Künstlerin und in Japan tätige Manga-Hochschuldozentin Koo Bonwon adaptierte wiederum die ersten vier Manga-Seiten von Tanuki vs. Zodiac 12 als Webtoon im charakteristischen vertikalen Scroll-Down-Format. Flankierend zeigt die Ausstellung dazu unter anderem Auszüge von drei japanischen Manga-Interpretationen von der Geschichte vom Prinzen Genji.

Die Ausstellung ist vom 10. September bis zum 31. Januar 2022 geöffnet.

Zu beiden Parallelausstellungen bietet das Museum außerdem Führungen und ein umfangreiches Programm aus begleitenden Manga-Workshops und Gesprächsrunden an. So können beispielsweise Zeichenbegeisterte im Alter von zwölf bis 16 Jahren an drei Terminen im November an einem Manga-Intensivzeichenkurs teilnehmen. Am 24. Oktober findet außerdem die Gesprächsrunde Manga-Morgen: «Visuelles Erzählen in Comics und Galerie?» statt (9:30 Uhr, im Eintritt inbegriffen), an der beispielsweise auch die Schweizer AnimaniA Award-Trägerinnen und mehrfachen AnimagiC-Ehrengästinnen Ban Zarbo (u. a. Cold – Die Kreatur, s. unser Interview) und Gin Zarbo (u. a. Das Geheimnis von Scarecrow, s. unser Interview) teilnehmen.

Auf der Webseite des Museums Rietberg sind eine Übersicht aller Termine rund um die Ausstellungen Liebe, Kriege, Festlichkeiten – Facetten der narrativen Kunst aus Japan und Flow – Erzählen im Manga sowie weiterführende Informationen einsehbar.