Interview: Gin Zarbo – Das Geheimnis von Scarecrow

Scarecrow
© Gin Zarbo / Altraverse GmbH

Ab 11. September veröffentlicht altraverse Das Geheimnis von Scarecrow, die neue, auf sechs Bände angelegte Fantasy-Reihe von Gin Zarbo (u. a. Undead Messiah). Kurz vor Heftschluss für die AnimaniA 5/2020 arbeitete die Schweizer Manga-ka noch an den letzten Seiten von Band 1 – und nahm sich trotzdem die Zeit, mit uns vorab über das Werk zu sprechen. altraverse bringt Band 1 sowohl als Standard-Ausgabe als auch als umfangreiche Collector‘s Edition (zwei Acryl­standees der beiden Protagonisten, Metallic-Sticker des Scarecrow-Siegels, Mini-Booklet mit 16 zusätzlichen Illustrationen und einer Grußkarte der Autorin) heraus. Unseren Ersteindruck zu dem Abenteuer der Prinzessin Engell und des titelgebenden Elite-Kämpfers lest ihr übrigens in der aktuellen AnimaniA 5/2020 – und hier auf unserer Webseite könnt ihr noch mal unser Interview mit Gin zu Undead Messiah nachlesen.

Hallo Gin, danke, dass du dir die Zeit für ein Interview nimmst! Während wir dieses Interview führen, gibst du deinem neuen Projekt Das Geheimnis von Scarecrow den letzten Schliff. Kannst du die Story für unsere neugierige Leserschaft kurz in deinen eigenen Worten beschreiben?
Scarecrow
© Gin Zarbo / Altraverse GmbH

Gin Zarbo (GZ): Gerne! Die Story spielt in einer Fantasywelt. Und was wäre Fantasy ohne einen Touch von Magie, Bestien und Mechanik?! Crows, rabenartige Bestien, bedrohen diese Welt und besitzen die Fähigkeit, ihre Beute zu manipulieren, um sie dann zu fressen. Nur die Kampftruppe „SCARECROW“ konnte früher diese Monster bekämpfen, aber dann ist sie eines Tages spurlos verschwunden. Manche glauben daher inzwischen, die Scarecrows seien nur eine Legende. Aber meine Heldin Engell, die Tochter eines Königs, glaubt an die Existenz der Scarecrows und findet im Schlossarchiv ein altes Buch mit einem Scarecrow-Siegel darauf. Mit Hilfe des Buchs will sie herausfinden, was mit den Scarecrows geschehen ist. Unterwegs findet sie eine leblose Vogelscheuche, einen Scarecrow, den sie zum Leben erweckt. Gemeinsam mit ihm beginnt dann die tatsächliche Suche.

Was hat dich zu dieser Geschichte inspiriert und was und welche Botschaft ist dir dabei besonders wichtig?

GZ: Zur Geschichte habe ich mich durch meine Figur Scarecrow selbst inspirieren lassen. Scarecrow war zuerst nur eine Illustrationsfigur, doch weil meine Community in den Sozialen Medien so positiv auf ihn reagiert hat, habe ich mir eine Story über ihn ausgedacht. Seitdem sind schon vier Jahre vergangen. Besonders wichtig sind mir die Charaktere. Ich habe ihnen Leben eingehaucht, einen Lebensraum erschaffen und Hürden aufgestellt. Es kommt jetzt ganz auf sie an, wie sie diese Hürden meistern werden. Und das Ganze schaue ich mir ganz gemütlich aus der Ferne an.

Zu der Botschaft kann ich nur sagen: Ihr müsst selbst herausfinden, was ich mit dieser Story sagen will! Es gibt vieles, was ich gerne sagen möchte und baue viele Botschaften ein. Es sind einige Wege, die ich mir zurechtlege: Ich baue sie aus, halte sie versteckt und wenn das Timing stimmt, offenbare ich sie. Einige sind deutlich zu sehen, an anderen wird noch im Hintergrund gefeilt. Wenn man die Chance hat, sich mit Geschichten der Welt mitzuteilen, muss es dann nur eine Botschaft geben? Nein, oder?! (lacht)

Scarecrow
© Gin Zarbo / Altraverse GmbH
Der Auftakt beeindruckt sofort mit aufwendig gestalteten, sehr gut strukturierten Seiten. Wie behältst du bei den Details den Überblick?

GZ: Ich gestalte alles ganz klar nach Gefühl. Im Layout gestalte ich es mal so, im Storyboard sieht es dann wieder anders aus, in der Reinzeichnung ändert sich erneut was und in der Fertigstellung kommen dann noch viele Details hinzu, die ich vorher nicht bedacht habe (lacht). Zeichnerisch mag ich es, nicht alles im Detail zu planen. Manchmal überrasche ich mich selbst damit, was ich aus den Seiten noch so heraushole. Aber gerade das macht mir am meisten Spaß!

Im Zentrum der Preview (im Twitterfeed von altraverse) stehen Engell, Rem und der mysteriöse Scarecrow, auf den sie stoßen. Kannst du uns einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Figuren geben? Wie hast du zum Beispiel ihre Charakterdesigns entwickelt?

GZ: Über ihr Aussehen könnte ich hier einen Aufsatz schreiben, daher begrenze ich mich lieber nur auf ihre Persönlichkeit. Als Erstes notiere ich mir ihre Charakter-Eigenschaften: Wer sind sie, welchen Status haben sie in ihrer Welt, wie alt sind sie, was mögen sie, was mögen sie nicht, welche Fähigkeiten besitzen sie und so weiter. Dann mache ich mir über die Hintergrundgeschichten der Figuren Gedanken. Die machen sehr viel aus, denn die Geschehnisse aus der Vergangenheit bilden den gegenwärtigen Charakter und die Gegenwart bildet den zukünftigen Charakter.

Engells Persönlichkeit stand auf Anhieb fest. Ein überdrehtes Ding, neugierig und liebenswürdig, sie ist naiv und hat kaum Leid erfahren. Ich wollte schon immer solche Charaktere zeichnen, weil sie mir auch am meisten Spaß machen. Rem hat im Gegenzug sehr viel Leid erfahren und wirkt eher mürrisch und skeptisch, also ein etwas vorsichtiger Typ. Die Ausgestaltung von Scarecrow fiel mir schon schwerer. Ich will nicht spoilern, aber er hat noch keine Vergangenheit, zumindest kann er sich nicht daran erinnern, daher muss die Gegenwart seinen Charakter bilden. Darum heißt die Story auch Das Geheimnis von Scarecrow. (lacht)

Scarecrow
© Gin Zarbo / Altraverse GmbH
Du hast eine eigene Schrift für das Universum entwickelt, die unter anderem den Hintergrund des Covers von Band 1 ziert – wie bist du an das Alphabet herangegangen? Haben dich zum Beispiel alte Sprachen inspiriert?

GZ: Haha, das war früher mal meine Geheimschrift, damit niemand mein Tagebuch lesen konnte. Ich war glaub, ich 12 oder 13 Jahre alt, als ich sie entwarf. Es waren damals aber nur 26 Zeichen, wie unser Alphabet. Und ja, für die Schrift haben mir Sprachen wie Altgriechisch, Hieroglyphen, Vorchristliches Latein und Arabisch als Vorlage gedient. Für Das Geheimnis von Scarecrow ließ ich mich aber auch von der japanischen Silbentrennung inspirieren. Zuerst die einzelnen Vokale A, E, I, O, U, und dann die Silben dazu wie Ba, Be, Bi, Bo, Bu, Ca, Ce, Ci, Co, Cu, Da, De, Di, Do, Du und so weiter. Natürlich haben die Zahlen eigene Zeichen oder auch die Artikel der, die, das. Dabei sind 216 Zeichen entstanden … Wow.

Hätte ich mir mehr Zeit genommen, hätte ich womöglich eine eigene Sprache entworfen, wie die Sprache der Elben aus Der Herr der Ringe oder den Orks in Warcraft. Nein, Scherz, ich müsste mir wohl erst mal Kenntnisse in der Philologie aneignen. Aber weil ich Spanisch, Italienisch, Englisch und Deutsch kann, hätte ich vielleicht aus diesen Sprachen etwas mixen können. Naja, schlussendlich blieb ich bei Deutsch und nur die Schrift allein ist erfunden. (seufzt) Aber das müssen meine Charaktere in Das Geheimnis von Scarecrow ja nicht wissen!

Die Geschichte ist auf mindestens sechs Bände angelegt – das ist eine stattliche Zahl! Wie motivierst du dich, am Ball zu bleiben?

GZ: Manga-Zeichnen ist meine Leidenschaft! Ich könnte nicht ohne leben. Schon seit ich 13 bin, zeichne ich intensiv Manga und das ist mir seit damals in Fleisch und Blut übergegangen. Vor allem die Liebe zu den Charakteren; zu sehen wie sie sich bewegen und sich entwickeln, ist ein Genuss. In fast jedem Kapitel lerne ich zeichnerisch etwas Neues dazu und die Details sind stets eine Herausforderung für mich, die ich voller Freude zu bezwingen versuche. Als würde ich ein endloses Abenteuer erleben! Ich glaube, so würde ich meine Motivation beschreiben und frage mich jeden Tag aufs Neue, was mich wieder für ein neues Abenteuer erwartet.

Scarecrow
© Gin Zarbo / Altraverse GmbH
Wir haben zuletzt zum Start deines Verlagsdebüts Undead Messiah ein Interview geführt. Was hast du aus dem Projekt gelernt, dass du jetzt bei Das Geheimnis von Scarecrow anwendest?

GZ: Undead Messiah war mein erstes Verlagsprojekt und ich muss sagen, dass ich viele Dinge nicht immer gut angegangen bin, dabei musste mir mein damaliger Redakteur sehr oft aus der Patsche helfen. Wie oft ich unlogische Zusammenhänge übersehen oder etwas nicht bedacht habe, auch der Lesefluss war chaotisch … Ich musste sehr viele Storyboards neu zeichnen, weil immer was nicht passte.  Aber ich habe mich nie unterkriegen lassen und habe versucht, das Gelernte im nächsten Kapitel umsetzen! Wie es scheint hat sich die harte Arbeit gelohnt. Denn bei Das Geheimnis von Scarecrow habe ich kaum mehr Bedenken und weiß nun, wie ich knifflige Situationen lösen kann: „Für jedes Problem gibt es eine Lösung.“ Wenn ich mal nicht weiterkomme, sage ich mir stets diesen Satz auf, lehne mich zurück und versuche, mir was einfallen zu lassen. Bisher bin ich immer auf eine Lösung gekommen. Ich habe meinen damaligen Redakteur zu verdanken, dass ich nun mit gutem Gewissen an Das Geheimnis von Scarecrow weiterarbeiten kann.

Deine Fans können dir im Internet auf diversen Social-Media-Diensten (Twitter, Instagram) folgen und erhalten dort Einblicke in deine Arbeit. Was ist dir bei der Nutzung dieser modernen Marketing-Tools besonders wichtig und wieviel Zeit verwendest du auf diesen Austausch mit deinen Followern?
Scarecrow
Gin Zarbo lässt ihre Follower bei Instagram und Twitter an der Werkentstehung teilhaben.

GZ: Mir war der Kontakt mit meinen Followern schon immer sehr wichtig. Ihnen bin ich auch was schuldig, denn ohne sie gäbe es kein Das Geheimnis von Scarecrow. Scarecrow war damals nur eine Illustrationsfigur, hätten meine Follower nicht so viel Trubel um ihn gemacht, wäre er nur eine Illustrationsfigur geblieben. Durch sie habe ich mich dazu entschlossen, Scarecrows Geschichte zu erzählen und habe echt große Freude daran. Meine Schwärmerei bei den vorherigen Fragen war wohl deutlich genug?! (lacht)

Ich bin fast täglich in den Sozialen Medien unterwegs. Nur wenn ich in der Deadline stecke, ist es natürlich nicht jeden Tag möglich. Mich interessierten schon immer die Reaktionen und Gedanken meiner Follower und ich versuche, mich so oft es geht mit ihnen auszutauschen. Dadurch erhalte ich Einblicke, was ihnen gefallen könnte und was nicht. Natürlich lasse ich mich aber nicht von jeder Kleinigkeit beeinflussen, auch ich habe Interessen, die ich auf jeden Fall umsetzen will.

Wie gehst du mit dem ungefilterten, direkten Feedback um, das dich über die Social-Media-Dienste jederzeit erreichen kann? Hast du vielleicht einen Tipp für Nachwuchszeichner für den Umgang mit den Diensten?

GZ: Mein Credo in den Social-Media-Diensten ist, immer freundlich zu sein! Ich versuche, nichts zu schreiben oder zu posten, was gegen mich verwendet werden könnte. Natürlich äußere ich meine Meinung, aber bleibe dabei immer höflich und respektvoll. Denn wenn du Feuer mit Feuer bekämpfst, kommt nichts Gutes dabei raus. Nimm konstruktive Kritik ernst und sei dankbar dafür. Nutze diese Plattformen, um auf dich aufmerksam zu machen!

Hast du zum Abschluss noch eine Nachricht an die AnimaniA-Leserschaft, die neugierig auf dein neues Werk ist?

GZ: Es gibt noch sehr vieles in Das Geheimnis von Scarecrow zu entdecken, lasst euch das nicht entgehen! Auf jeden Fall werde ich mich bemühen, euren Erwartungen gerecht zu werden, verlasst euch drauf! OH, YEAH! GIN OVER AND OUT!

Vielen Dank für deine Antworten und ganz viel Erfolg mit Das Geheimnis von Scarecrow!

© Gin Zarbo / Altraverse GmbH