HATSUNE MIKU: COLORFUL STAGE! – Interview mit den Entwicklern

Hatsune Miku Interview
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Seit Dezember könnt ihr HATSUNE MIKU: COLORFUL STAGE! auf Android- und iOs-Geräten spielen. In unserer News lest ihr mehr über das mitreißende Rhythmusspiel rund um die Virtual-Singer-Ikone Hatsune Miku. Zum Start durften wir ein schriftliches Interview mit den Entwicklern – Shingo Kosuge von SEGA, Yuichiro Kondo von Colorful Palette und Wataru Sasaki von Crypton Future Media – führen. Im Folgenden lest ihr unsere Fragen und die gemeinsame Antwort der Macher:

Herr Kosuge, Herr Kondo, Herr Sasaki, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen. In der Story von HATSUNE MIKU: COLORFUL STAGE! treten Hatsune Miku und weitere virtuelle Sängerinnen und Sänger als Mentoren auf und begleiten Gruppen von Game-Originalcharakteren. Wie haben Sie sich für eben diese Rolle der Virtual Singer entschieden?

Wir haben Hatsune Miku als Musiksoftware interpretiert, die den Charakteren hilft und sie ermutigt, einen Schritt vorwärts zu wagen. Ursprünglich war Hatsune Miku nur eine Musiksoftware und noch kein eigenständiger Charakter. Sie allein kann keine Musik machen. Die Musik nimmt erst und nur dann Form an, wenn es einen Schöpfer gibt und dessen Wille, etwas “zu erschaffen” und “auszudrücken”, durch das Tool Hatsune Miku verarbeitet wird. Das ist unserer Ansicht nach das Grundkonzept von Miku. Natürlich haben wir uns einige Freiheiten in der Art und Weise genommen, wie wir diese Idee im Content von COLORFUL STAGE! zum Ausdruck bringen, aber so kam es dazu, Miku und andere Virtual Singers als Mentoren in die Story einzubringen, die die Charaktere dabei unterstützen und dazu ermutigen, ihre Träume zu verwirklichen.

Das Spiel präsentiert fünf sehr unterschiedliche Bands aus Originalcharakteren und jede Gruppe hat ihre eigene Storyroute, die erkundet werden kann. Wie haben Sie die verschiedenen Themen und die Zusammenstellungen der Charaktere entwickelt?
Hier seht ihr den Englisch untertitelten japanischen Trailer zu den im Game verfügbaren Gruppen:

Zunächst basiert das Spiel auf VOCALOID-Musikcontent. Also haben wir damit begonnen, Gruppen nach der Frage zu konzipieren: „Wie können wir VOCALOID-Songs kategorisieren?“ Wir haben uns Titel und Lyrics von vielen VOCALOID-Songs angesehen und haben fünf Gruppen herausgearbeitet: Band, Idol, Street, Musical und Underground. Da das Spiel außerdem im gegenwärtigen Shibuya in Japan spielt, wo Hatsune Miku und andere Virtual Singer beliebt sind, basieren die Gruppen auch auf den musikalischen Subkulturen moderner japanischer Teenager. Diese weichen vielleicht von den ausländischen Normen ab, aber so war unsere Herangehensweise.

Das Theme von “Leo/need” ist “mental disconnect”, die mentale Trennung, die die junge Generation heute fühlt. Zuerst wollten wir aus ihnen die “normalen und realistischen Mädchen” machen und entschieden uns, sehr stark auf Freundschafts- und Beziehungsprobleme zu setzen, die Teenager durchmachen und darauf, wie sie untereinander darüber reden. Das mag nicht so pompös sein wie Fantasy-Geschichten, aber wir wollten zeigen, wie sich diese Figuren mit ihren Problemen auseinandersetzen und wie sich ihre Emotionen verändern und wir wollten auch die „Grausamkeit“ dieser Probleme auf realistische Art und Weise darstellen. Es handelt sich bei dieser Gruppe weniger um eine typische Schulband-Story, sondern vielmehr um eine geradeheraus erzählte Coming-of-Age-Story, die auch die Meinungsbildung von nachvollziehbaren weiblichen Teenagern abbildet.

MORE MORE JUMP!” taucht in die weniger bekannten Seiten von Pop-Idols ab, indem jedes Mitglied als individuelle Person behandelt wird. Das Bandkonzept lautet: “Tapfere Idol-Formation, die den Menschen Hoffnung bringt, indem sie immer wieder aufsteht, egal wie häufig sie etwas gegen eine Wand fährt.” In Japan haben wir viele verschiedene Sorten von Idols – von solchen, die in TV-Shows auftreten bis hin zu sogenannten Underground-Idols, die sich auf kleinformatige Aktivitäten konzentrieren. Jeder hat seine eigenen Gründe, ein Idol werden zu wollen und steht vor eigenen Hürden. Also wollten wir davon erzählen, wie diese Mädchen ihr Bestes geben, um diese Hürden zu überwinden und die Unterstützung des Publikums zu gewinnen. Die Mitglieder dieser Gruppe sind “Idols”, die positive Gefühle wie Freude und Hoffnung überbringen, aber gleichzeitig steht jede von ihnen als „Idol“ auch vor Herausforderungen, die sie mit realistischen und menschlichen Gefühlen meistern.

Vivid BAD SQUAD” repräsentiert die Straßenmusikszene. Die Gruppe wurde als Straßenmusikgruppe konzipiert, die darauf hofft, es an die Spitze zu schaffen. Wir hatten das Gefühl, dass die Straßenmusik das, was sie “cool” finden sowie ihre einzigartigen Vibes widerspiegelt. Wir wollten darstellen, wie die Mitglieder miteinander interagieren, auch auf Konfrontation gehen, während sie eine gemeinsame Ebene für ihre Träume finden und ein enges Gruppenband durch die Street Music schmieden. Jedes Mitglied von “Vivid BAD SQUAD” trägt eine eigene Stärke in sich, deshalb wird die Geschichte aus der Perspektive verschiedener Mitglieder erzählt und macht so jeden von ihnen zu einem Protagonisten. Ihre Story hat mehr shonen-artige Elemente, mit Band-Battles und Konfrontationen, die es leicht und spannend machen, in sie einzutauchen.

Unser Ziel bei “Wonderlands X Showtime” war es, den Spaß daran zu übermitteln, etwas gemeinsam zu erschaffen. Das Konzept ist eine fröhliche Song-and-Dance-Musical-Gruppe. Als wir uns die VOCALOID-Kultur ansahen, stellten wir fest, wie unterschiedlich sich die Schöpfer zusammenfinden, um ein einziges Werk zu kreieren – indem sie ihre Stärke nutzen und durch Kompositionen, Lyrics, Arrangements, Charakterdesigns, Artworks, Mangas, Novels und vieles mehr ausdrücken. Wir wollten darstellen, wie viel Spaß es Menschen macht, zusammenzukommen und an der Schöpfung von etwas Neuem und Interessantem zu arbeiten. Die Mitglieder dieser Gruppe sind noch etwas besonderer als die der anderen Gruppen, aber wir glauben, dass sie den Spaß und die Freude von „einzigartigen Individuen, die sich versammeln, um etwas Interessantes zu erschaffen“ vermitteln.

Nightcord at 25:00” geht unter so stark unter die Haut und ergründet die Dunkelheit in den Köpfen der Mitglieder, wie es ohne Altersbeschränkung möglich ist. Das Konzept ist eine Underground-Music-Gruppe aus Menschen mit „düsteren Gedanken“, die durch die Musik zusammengehalten werden. Um die VOCALOID-Musik zu kategorisieren, konnten wir dunklere “Underground”-Songs, wenn man diese so bezeichnen will, nicht vermeiden – also solche, die düstere Elemente wie Leben und Tod behandeln. Es gibt viele VOCALOID-Songs, die sich Problemen wie finsteren Gdanken, Qual und aufgewühlter Psyche widmen. Wir können nachvollziehen, dass diese Songs die aufrichtigen Gedanken ihrer Macher transportieren und sich deshalb so viele Menschen in ihne zerrissene Gedankenwelt.

Die Entwicklung des Spiels und seiner internationalen Version fanden unter COVID-19-Bedingungen statt. Hat die Pandemie die Arbeit beeinflusst beziehungsweise vor besondere neue Herausforderungen gestellt und wie sind Sie sich an diese Umstände angepasst?

Die größte Herausforderung war, sicherzustellen, dass wir Spiele während der COVID-Quarantäne standortunabhängig entwickeln und laufen lassen konnten. Im Vergleich zu anderen Branchen hatte die Videospielindustrie weniger Probleme, diesen Transfer vorzunehmen. Doch trotzdem gab es Verzögerungen im Entwicklungsprozess und wir mussten Events ändern und auslassen, die wir für die japanische Game-Version geplant hatten. Für das Offline-Jubiläumsevent in Japan mussten wir besondere Vorsichtsmaßnahmen treffen, von denen wir vor dem COVID-Ausbruch niemals gedacht hätten, dass wir sie brauchen würden. Durch die Partnerschaft von SEGA, Crypton Future Media und weiteren Firmen waren wir aber in der Lage, die nötige Infrastruktur für die standortunabhängige Entwicklung und Betreuung des Spiels einzurichten und so unseren Usern Content zu liefern. Wir sind in dieser Hinsicht sehr dankbar, dass wir für unsere zukünftigen Titel die Möglichkeiten bezüglich Remote-Entwicklung und -Management erweitern konnten. Da wir aber gezwungen waren, in eine standortunabhängige Entwicklung zu wechseln, ist uns auch aufgefallen, dass es Ideen und Inspiration gibt, die sich nur durch direkte Kommunikation von Angesicht zu Angesicht im Büro ergeben. In Anbetracht der aktuellen weltweiten Lage versuchen wir, flexible zu bleiben und die besten Entscheidungen zu treffen, um besseren Content zu entwickeln. Wir hatten auch Offline-Events und Konzerttouren für die internationalen Fans geplant, aber diese Pläne mussten wir wegen COVID aufgeben. Dabei ist es eigentlich sehr wichtig für uns, die Fans im Ausland auf Events persönlich zu treffen und mit ihnen über die kommenden Pläne zu reden und ihre Meinung anzuhören.

HATSUNE MIKU: COLORFUL STAGE! beinhaltet beliebte und neue Songs von einer Vielzahl von Kreativen. Haben Sie vielleicht einen Favoriten unter den neuen Songs, auf den sich die Fans besonders freuen sollten?

Bitte freut euch auf den international exklusiven Song “Miku” von Anamanaguchi. Dazu gibt es ein sehr cooles Musikvideo, das wir für die ausländischen Fans gemacht haben. Wir haben dabei neue Techniken eingesetzt, zum Beispiel verschiedene Kamerawinkel, die in der japanischen Version zuvor noch nicht genutzt worden sind. Leider dauert es noch etwas, bis der Song und das Video nach dem Launch verfügbar werden, aber wir arbeiten hart daran, sie euch zu präsentieren – also bitten wir euch um eure Geduld.

Hier seht ihr das 3DMV-Video zu “Miku” von Anamanaguchi auf dem offiziellen Youtube-Channel des Games:
Das Spiel umfasst auch Virtual Shows in Echtzeit, bei denen sich Spieler auf der ganzen Welt gegenseitig besuchen können. Was hat Sie zur Einbindung dieses Community-Erlebnisses inspiriert?

Als wir über das Gameplay nachdachten, diskutierten wir darüber, dass wir etwas wollten, das “anders als bei anderen Rhythmusspielen” ist und das “die Leute wirklich mögen könnten”. Wir kamen zu dem Schluss, dass das Spiel zwar ein Musikspiel ist, aber stark auf seinen Charakteren fußt und so wollten wir, dass die Spieler aus eigener Perspektive miterleben können, wie die Charaktere wachsen. Natürlich können wir Live-Konzertszenen mit Live2D und 3DMV kreieren, aber Live2D hätte die Erzählung unterbrochen und 3DMV sieht aus wie ein vorher aufgezeichneter Videoclip und passt deshalb nicht zu dem „aus eigener Perspektive“-Aspekt. Also kamen wir auf einen VR-Modus-Prototypen, in dem der Spieler das 3DMV in VR angucken konnte. Wir hatten ursprünglich vor, die Virtual Show als VR zu implementieren. Als wir die VR-Shows testeten, war es jedoch nicht so unterhaltsam, dass man die Show allein ansah. Also entschieden wir uns, nicht auf dem VR-Weg zu bleiben und machten das „gemeinsame Watch-Erlebnis“-Feature, das eigentlich nur das zweitrangige Feature sein sollte, zum Hauptfeature und das machte alles so viel interessanter. Seitdem ist „das Erlebnis, die Show auf deiner eigenen Perspektive mit anderen Spielern gemeinsam anzuschauen“ zu einem Schlüsselkonzept der Virtual Show geworden. Und wir haben uns auch dazu entschieden, es noch mehr aufzupolieren, um das Erlebnis an echte Live-Konzerte anzunähern, also fügten wir die Möglichkeiten für Spieler hinzu, miteinander zu kommunizieren, sich zu bewegen, in der Lobby zu warten und vieles mehr. So haben wir viele Features hinzugefügt und kamen so schließlich zu der Virtual Show, wir sie im Spiel erlebbar ist. Die Entwicklung der Virtual Show begann erst ein paar Monate vor der offiziellen Ankündigung und dem Launch, deshalb war es ein hektischer Prozess. Aber wir sind froh, dass wir es geschafft haben, die Virtual Show zu implementieren. Und wir sind froh zu sehen, dass so viele Spieler Spaß daran haben – sogar noch nach einem ganzen Jahr nach dem Launch der japanischen Version.

Wie Sie auch in Ihrer Entwickler-Message im Youtube-Channel des Games berichten, haben Sie dem Feedback der internationalen Fans sehr aufmerksam verfolgt, während Sie an der internationalen Version gearbeitet haben. Gibt es bestimmte Feedback-Kommentare, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind und die Sie mit uns teilen würden?

Wir haben uns die Ergebnisse der Beta-Test-Umfrage angesehen und auch die Gespräche der Fans in den sozialen Medien gesichtet. Wir bekommen viele Meinungen zur Qualität der Übersetzungen und sehen sie uns auf Basis des Community-Feedbacks noch einmal an. Wir möchten auch das Feedback der Spieler aufnehmen, während wir weiter an dem Spiel arbeiten.

Haben Sie zum Abschluss des Interviews noch eine Botschaft an die deutschsprachigen Fans?

Wir schätzen eure unglaubliche Unterstützung sehr. Das Game ist voller interessanter Geschichten, aufregendem Gameplay und Virtual Shows. Wir sind sicher, dass jeder etwas Neues in dem Spiel entdecken wird und hoffen, dass ihr es ausprobiert. Und wir hoffen, dass wir uns eines Tages persönlich treffen können, um mit euch darüber zu reden!

Herr Kosuge, Herr Kondo, Herr Sasaki, vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Antworten.

Alle Features und mehr zum Game lest ihr auch auf der offiziellen englischen Webseite unter https://www.colorfulstage.com.

Hier seht ihr übrigens die oben erwähnte, Englisch untertitelte Botschaft des Entwicklerteams:

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