Sailor Moon Crystal-Interview mit deutschen Synchronstimmen

Sailor Moon Crystal-Interview
Sailor Moon Crystal-Interview
©2014 TOEI ANIMATION CO., LTD. ©Naoko Takeuchi/PNP/KODANSHA/TOEI ANIMATION

Auf der diesjährigen Manga-Comic-Convention haben wir ein Interview mit den deutschen Sailor Moon Crystal-Stimmen (s. Bild oben, v.l.n.r.) Lea Kalbhenn (Makoto Kino/Sailor Jupiter), Maresa Sedlmeir (Luna), Sabine Bohlmann (Usagi Tsukino/Sailor Moon) und Tim Schwarzmaier (Jadeite) geführt. Hier lest ihr, was die Sprecher uns über ihre Stimm-Arbeit für die Serie verraten haben – unseren Bericht zu Sailor Moon Crystal findet ihr in der AnimaniA 5/2016.

Sabine, wie ist es für dich, nach so langer Zeit wieder in die Rolle von Sailor Moon zu schlüpfen?
Sabine Bohlmann (SB):
Es ist schon ein bisschen komisch natürlich. Irgendwann legt man so eine Rolle auch ab und 20 Jahre sind einfach eine ganz schön lange Zeit. Ich meine, ich habe nach der ersten Staffel Sailor Moon mein erstes Kind bekommen und das ist mittlerweile 20 Jahre alt. Daran sehe ich einfach, wie die Zeit vergangen ist. Und als ich am ersten Tag ins Studio kam, habe ich schon zum Teil überlegt, ob ich jetzt wieder genauso sprechen kann, ob es genauso aus mir rauskommt. Weil man ja doch irgendwie denkt, dass die Stimme noch mal ein bisschen anders wird. Wird sie natürlich auch, eine Stimme reift ja auch. Als ich dann die ersten Takes gesprochen hatte, ging es wieder und irgendwann wusste ich wieder, wo ich Sailor Moon herholen musste.

In Sailor Moon Crystal heißt es nun unter anderem “Usagi” statt “Bunny” und alle Verwandlungssprüche sind auf Englisch. Wie fühlt sich das an?
SB:
Ja, das war schon am Anfang komisch. Ich sehe dann doch, dass Sailor Moon als Figur – auch wenn alle sagen, es ist eine andere Serie – im Grunde genau dieselbe ist. Sie hat genau das Gleiche an, sie ist genau die gleiche Person mit ihren Ausbrüchen, ist vielleicht mittlerweile nur ein bisschen ernster geworden … Aber ich wusste ja auch, dass es ein paar Veränderungen gibt und dass es jetzt eben mehr nach dem Comic geht. Und ja, man gewöhnt sich auch schnell daran. Ich glaub, Ami – die früher „Amy“ ausgesprochen wurde – war für mich das Schwerste, weil Amy einfach bei mir drin war. Aber wir hatten ja zum Glück auch einen Regisseur, der darauf achtete, dass man das richtig ausspricht.

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Lea Kalbhenn

Lea, Maresa, ihr gehört zum brandneuen Sailor Moon Crystal-Cast. Wie seid ihr zum ersten Mal mit Sailor Moon in Berührung gekommen?
Lea Kalbhenn (LK):
Ich bin mit Sailor Moon generell das erste Mal in Verbindung gekommen‚ 1998 ungefähr, als ich selber sieben oder acht Jahre alt war. Eigentlich eben fast noch zu jung und ich durfte nach der Schule auf keinen Fall fernsehen. Also habe ich ferngeschaut, bis die Mutter Heim kam – genau da habe ich Sailor Moon dann immer geguckt und fand es immer wahnsinnig spannend. Die Verwandlungen, das Ganze mit der Musik und dem Glitzer und bunt – das war total toll! Und dann, als es immer spannender wurde – und das wurde es ja immer -, da hab ich dann gemerkt, dass es mir dann doch noch eine Spur zu unheimlich war. Aber es war Sailor Moon! Und eine Freundin von mir hat jeden Tag damit verbracht, Sailor Moon selbst zu zeichnen – in jedes Schulheft.

Maresa Sedlmeir (MS): Ich kannte Sailor Moon, also die Originalserie, weil Ines Günter die beste Freundin meiner Mutter ist und sie Sailor Moon ab der zweiten Staffel gesprochen hat. Sie hat mir immer die Videokassetten gegeben. Ich bin noch mal fünf Jahre jünger als Lea und war damals noch ziemlich klein. Ich weiß nur noch, dass ich ein Poster hatte und ich es ab und zu angeschaut habe. Und als es dann hieß, es selber zu sprechen … also ich hab mich schon sehr gefreut, jetzt gerade auf der Manga-Comic-Con wird es einem noch viel bewusster, was und wie viel eigentlich dahinter steckt.  

Wie ist es denn dazu gekommen, dass ihr eine Rolle in Sailor Moon Crystal spielt? Hat euch dazu eine Firma kontaktiert? Gab es eine Ausschreibung wo ihr euch aktiv beworben habt?
LK:
Im Prinzip durch einen Anruf eines Nachmittags. Davor wussten wir auch gar nicht, dass es überhaupt Sailor Moon Crystal als neue Serie geben würde. Dann war es erstmal spannend, weil Sailor Moon ja doch fast jedem ein Begriff ist und dann wurden wir zum Casting eingeladen. Dort waren dann schon viele Mädchen da und irgendwie hat es geklappt und das hat mich sehr gefreut. Dich, denk ich, auch, Maresa – es war aber so, dass man noch nicht wirklich abschätzen konnte, wie viel dahinter steckt. Damals war das quasi ein neuer Job und ich hab mir schon gedacht: „Sailor Moon kenne ich, ich kenne auch Sailor Jupiter.“ Aber ich wusste noch nicht – und das wird mir auch jetzt gerade erst so klar –,  wie viele Fans es gibt und wie es so eine eigene Welt für sich ist, mit allen Hintergründen. Das ist echt spannend!

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Maresa Sedlmeir

Maresa, wie bist du mit der Rolle in Kontakt gekommen?
MS:
Wir sind ja Synchronsprecher in München und wir wurden einfach mit ganz vielen anderen Sprecherinnen – ich glaube, es waren zehn insgesamt – zu dem Casting eingeladen und dann hat jede von uns vorgesprochen für die Rolle und Toei hat sich für uns entschieden.

Wie habt ihr euch auf eure Rollen vorbereitet?
Lea:
Ich habe mir ein Rollenprofil von Sailor Jupiter durchgelesen und hab mir aber bewusst nicht mehr angeschaut oder angehört, wie sie spricht. Ich dachte mir, es ist nun mal was Neues und es soll keine schlechte Kopie werden, sondern etwas Eigenes. Ich fand es schwierig, weil die Stimme nun einmal ist wie sie ist. Man kann sie nur sehr schwer modifizieren, dass sie komplett klingt wie die alte Stimme. Ich dachte, es würde mich eher verunsichern. Deswegen habe ich versucht, das Eigene einzubringen.

Maresa: Bei mir war es ähnlich. Ich habe mir auch noch mal etwas zur Rolle durchgelesen, habe mir dann aber auch nichts mehr angesehen.

LK: Ein paar Katzen Videos vielleicht?

MS: (lacht) Nein, ich hab es mir nicht noch einmal angesehen, weil ich auch im Hinterkopf hatte, dass Luna irgendwie älter und weiser klingt. Und ich habe das so zwar versucht, aber ich klinge nun einmal jünger. Ich habe versucht, es so gut zu machen, wie ich kann.

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Sabine Bohlmann

Unterscheidet sich die Synchronisation eines Anime im Vergleich zum Realfilm?
SB:
Ich würde auf jeden Fall sagen, dass es sich unterscheidet. Bei Anime spricht man „in Charge“, also höher oder lauter oder einfach extremer. Es hat viel mit Schreien zu tun. Und ich glaube, bei uns allen hat es die Stimme ziemlich belastet. Das ist der Unterschied.

LK: Es ist anstrengender. In Realfilmen reden die Schauspieler ganz normal, so wie wir eben auch sprechen – meistens. Und auch anderer Zeichentrick ist oft weicher. Anime ist schon extrem.

MS: Ja, es sind immer viele Ausnahmesituationen. Wenn ich im Studio teilweise das Gefühl hatte, dass es ja schon völlig übertrieben war, hieß es dann trotzdem noch: „Nee, mach noch mal viel, viel mehr!“ Ich habe auch oft das Gefühl gehabt, dass wir sehr viel geschrien haben, gerade in den spannenden Szenen! (lacht)

Wie gestalteten sich die Aufnahmen von Sailor Moon Crystal? Habt ihr die Episoden-Drehbücher vorab zum Lesen bekommen oder vor Ort die Texte für den jeweiligen Aufnahmetag einstudiert und abgelesen?
LK:
Es ist tatsächlich sehr spontan gewesen. Man geht ins Studio und dann sieht man, das und das sind die Folgen, die dran sind. Meistens macht man die Aufnahmen einzeln im Studio, weil es einfach effizienter ist von und dann ist es schon so, dass man in einem Termin gleich mehrere Folgen macht, je nachdem wie viele Takes man pro Folge hat. Das heißt, Usagi hat natürlich auch die meisten Takes. Ein Take ist ein kurzer Textabschnitt, das kann zum Beispiel ein Satz sein.

Gibt es eine spannende oder witzige Anekdote aus der Zeit der Synchronaufnahmen für Sailor Moon Crystal, die ihr uns erzählen möchtet?
LK:
Bei den ersten Aufnahmeterminen war es bei mir so, das aus der Regie öfter die Ansage vom Regisseur kam: „Ja, aber der Stavros hat noch das und das gesagt“ oder „die Usagi sollte man lieber so aussprechen“ und inhaltliche Sachen. Ich dachte dann: „Hä? Wir sprechen doch Sailor Moon, was hat Star Wars damit zu tun und wer heißt überhaupt Star Wars?“ Ich war immer höchst verwirrt, wollte es mir auch aber nicht anmerken lassen, weil ich dachte, vielleicht ist es etwas, das jeder kennt, nur ich nicht. Und dann kam eben raus, dass es tatsächlich um Stavros ging, den Sailor Moon-Experten [Anm. d. Red.: Stavros Koliantzas, Gründer der Faninitiative SailorMoonGerman] per se, und so wurde das dann aufgeklärt. Das war recht witzig, als ich dann erklärt hab, dass ich immer etwas ganz anderes verstanden hab …

Sabine, Sailor Moon oder Sailor Moon Crystal – welche Serie ist Dein persönlicher Favorit und warum?
SB:
Da muss ich jetzt tatsächlich sagen, dass ich von der neuen Serie eigentlich noch keine fertige Folge gesehen habe. Also kann ich es noch nicht sagen. Aber ich werde sie mir demnächst ansehen! Aber ich glaube, dass Sailor Moon für mich auch ein bisschen nostalgisch ist – das sind ganz andere Erinnerungen. Damals waren wir sogar noch zusammen im Studio und wurden alle zusammen aufgenommen. Das heißt, da standen dann fünf Leute. Gut, es ist ja auch 20 Jahre her. (lacht) Und da war es dann wirklich so, wenn fünf Sailor-Kriegerinnen gesprochen haben, standen fünf Sailor-Kriegerinnen-Sprecherinnen vor dem Mikrofon, jede auf ihre Art. Und das war schon sehr, sehr schön.

War da alles noch sehr spontan?
SB:
Ja, also sehr spontan konnte man dann doch nicht sein, weil man hatte ja seine Texte vorgegeben. Aber es war natürlich auch eine lustige Arbeit, bei der man sehr viel gelacht hat. Wenn alle gleichzeitig schreien mussten und eine hat zu spät geschrien, dann mussten alle lachen.

Sailor Moon begleitet einen beträchtlichen Teil deiner Karriere – was bedeutet dir die Geschichte persönlich?
SB:
Es ist natürlich eine der wichtigsten Rollen, die ich gesprochen habe. Und es ist auch etwas, das fast jeder kennt. Natürlich ist es schön, etwas zu sprechen, das jeder kennt. Wenn jemand fragt: „Was sprichst du?“ und man sagt: „Lisa Simpson und Sailor Moon“, dann ist auf jeden Fall jemand dabei, der sagt: „Oh, Sailor Moon ist meine Kindheit!“ Und jetzt ist es natürlich auch total süß, wenn ich auf Messen herumlaufe und die Leute stehen fast mit Tränen in den Augen da und sagen: „Du bist meine Kindheit!“ Das ist schon rührend.

Hab ihr einen Lieblings-Sailor Moon Crystal-Spruch?
SB:
Jeden Tag, wenn ich putzen muss, sage ich zuerst: „Ich bin die hübsche Kriegerin im Matrosenkleid!“ (lacht)  Ja, das sag ich durchaus öfter mal zu Hause. „Ich stehe gegen Staub und Unrat.“

LK: Macht doch mal eine Werbung dazu und du verwandelst dich in eine Hausfrau (lacht): „Lassen sie die Planeten bei ihrem Putz helfen!“ Ich finde „Jupiter Power, Make-up!“ schön, weil der sich so aufbaut, während sie ihn spricht. Den mag ich gerne und den kann ich mir merken.

SB: Jedes Mal, wenn du Make-up aufträgst? „Jupiter Power, Make-up!“

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Tim Schwarzmaier

Tim Schwarzmaier (TS): Es ist schwierig, meiner ist so schnell gestorben. Der hat so wenig eigene Sprüche gehabt, der war einfach immer nur böse. Das war zu fies, um einen Lieblingsspruch zu haben … „Ich bin die schöne Kriegerin der Bosheit!“ (lacht)

MS: Ich glaube, mein Lieblingsspruch ist einfach nur ein seufzendes „Usagi …“

Wie viel von euch steckt auch in eurer Rolle? Habt ihr mit eurer Rolle etwas gemeinsam?
LK:
Ich koche sehr gerne! Und Makoto kocht sehr gerne und sehr gut. Ich koch vor allem gerne. (lacht) Nein, ich hab nicht jedes Mal so ein tolles Lunch-Paket wie sie, wenn ich irgendwo hingehe, aber das ist, was mir so spontan einfällt.

SB: Also ich bin immer sehr pünktlich! Im Gegensatz zu (räuspert sich) … Ich bin auch keine 14 mehr. Aber knapp drüber. Ja, es ist eher wenig. Vielleicht, wenn sie manchmal so hysterisch ausflippt? Das kann ich auch manchmal zu Hause – so lustig ausflippen, dass ich mich über etwas ärgere und meine Familie dasitzt und lacht.

TS: Jadeite hat ja eine Verwandlung, also alle Prinzen. Die sind ja am Anfang böse und dann nett und ich war in meiner Jugend ein kleiner Kotzbrocken, um es nett auszudrücken. Ich weiß ja nicht, wie sich andere in ihrer Kindheit sehen, aber ich glaube, ich hätte mich erwürgt irgendwann. Aber jetzt: In meinen Augen hab ich mich gemacht und bin nett. (lacht)

MS: Luna gehört ja nicht zu den Kriegerinnen, aber alle wurden von Luna erweckt und sie hält sie zusammen. Bei mir haben meine Freundinnen auch gesagt, ich sei so jemand, der die Gruppe zusammenhält, weil ich dann allen schreibe, ob wir etwas zusammen machen wollen. Ja und ich miaue auch oft sehr viel. (lacht)

Wenn ihr euch eine andere Sailor Moon Crystal-Rolle aussuchen könntet, welche Figur würdet ihr dann gerne sprechen?
SB:
Ich glaube, ich wäre am liebsten Luna. Maresa, wir können ja mal tauschen?!

LK: Ich hätte auch Luna gesagt, weil es spannend wäre, ein Tier zu sprechen. Aber ich bin auch eigentlich sehr zufrieden und die jetzige Besetzung macht ja auch Sinn.

TS: Ich bin mit meiner Rolle auch sehr zufrieden. Muss ich ganz ehrlich sagen.

Möchtest du nicht Endymion sein?
TS:
Nee, ich will nicht Endymion sein. Ich finde, dass Jadeite dann doch am sympathischsten aussieht.

MS: Als ich klein war, mochte ich Amy beziehungsweise Ami immer am liebsten.

LK: Stimmt, die hat schönere Schuhe an als Sailor Jupiter.

Es gibt Sailor Moon-Fans, die aufgrund der Neubesetzungen in der Sailor Moon Crystal-Synchro besorgt sind. Habt ihr vielleicht zum Schluss eine motivierende Botschaft für diese kritischen Fans?
SB:
Also ich würde das Wort „besorgt“ fast dagegen austauschen, dass schon einige richtig Shit-Storm betrieben haben. Natürlich lesen wir das auch teilweise und machen uns darüber Gedanken und unterhalten uns darüber. Es ist natürlich auch wahnsinnig schwer, es jedem Recht zu machen und ich glaube, wenn eine Änderung kommt, gerade mit Stimmen, dann ist es immer erst mal schwierig, sich daran zu gewöhnen. Und ich glaube, es ist eine Gewohnheitssache. Wenn es Leute gibt, die diese Serie jetzt angucken und danach noch einmal Sailor Moon, dann werden sie sagen: „Oh Gott, wie waren denn die Stimmen damals?“ Man kann es nicht allen recht machen und wir tun unser Bestes – alle.

LK: Und es ist ja, wie gesagt, eine neue Sendung, von daher wäre es jetzt auch komisch, alles wieder komplett zu kopieren. Ich denke, wenn die Leute sich etwas Neues ansehen, sollten sie versuchen, die Sachen objektiv zu beurteilen und keine subjektiv-wütenden Kommentare zu bringen. Oft liegt es ja gar nicht an den Sprechern oder an den einzelnen Personen, sondern an den Auflagen und an den Regeln. Und das ist so ein Gesamtding, da leistet jeder seinen Teil.

 

Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führten Anne Delseit und Anne Betz.