ONE PIECE STAMPEDE: Synchro-Staff Interview mit Yannick Forstenhäusler, Benedikt Gutjan & Hubertus von Lerchenfeld

Piratenfreunde, setzt die DVD- und Blu-ray-Segel! Mit ONE PIECE STAMPEDE legte das jüngste Movie-Abenteuer von Ruffys Strohhüten am 22. Juni dank KAZÉ Anime endlich auch in den deutschen Heimkino-Häfen an! Während wir euch in der AnimaniA 4/2020 die 13. One Piece-Kino-Kaperfahrt ausführlich vorstellen, präsentieren wir hier unser Interview mit dem Synchro-Staff: Im Rahmen der deutschen Vorpremiere im Münchener Mathäser Filmpalast hatten wir im Januar Gelegenheit, mit Dialogregisseur Yannick Forstenhäusler sowie Hubertus von Lerchenfeld und Benedikt Gutjan, den deutschen Stimmen von Sanji und Brook, zu sprechenlest hier, welche Einblicke uns die drei in die Synchro-Produktion von ONE PIECE STAMPEDE, aber auch in ihre Arbeit an der TV-Serie gaben!

ONE PIECE STAMPEDE ©Eiichiro Oda/2019 “One Piece” production committee

Yannick, du bist seit knapp drei Jahren als Dialogbuchautor sowie seit letztem Jahr auch als Synchronregisseur für die One Piece-TV-Serie tätig. Was war dein erster Kontakt mit dem Thema One Piece?

Yannick Forstenhäusler (YF): Ich habe die Serie damals nach der Schule auf RTL II geguckt, wo sie mit einigen anderen Anime-Serien lief. Ich habe sie dann aber irgendwann nicht mehr verfolgt, bin nach München umgezogen und habe studiert. Schließlich bin ich über meinen eigentlichen Job als Tonmeister wieder hineingeschlittert. Damals hieß es, ich solle jetzt so eine Serie aufnehmen, in der es um Piraten geht. Das war zur Zeit der Fluch der Karibik-Filme, und ich dachte mir: „Oh nein, das Thema ist doch jetzt langsam mal ausgelutscht.“ Und dann war es One Piece! Damals habe ich noch gemeinsam mit Paul Sedlmeir aufgenommen, der damals für One Piece als Regisseur tätig war, später dann mit Daniel (Anm. d. Red.: Ruffy-Sprecher Daniel Schlauch). So kam dann der Kontakt wieder zustande, sodass ich mich auch wieder ein bisschen eingelesen und über den aktuellen Stand informiert habe.

Ich habe die Serie damals nach der Schule auf RTL II geguckt.

Yannick Forstenhäusler

Kannst du uns einen Überblick geben, welche Aufgaben deine Tätigkeiten als Dialogbuchautor und Synchronregisseur für One Piece jeweils genau umfassen? Und gibt es da eine konkrete Aufgabenverteilung zwischen Daniel und dir?

YF: Ne, wir teilen uns das, gerade weil One Piece so wahnsinnig umfangreich ist. Die besondere Schwierigkeit bei einer solchen Serie, zu der bereits so viele Episoden produziert wurden und noch viele weitere folgen werden, besteht ja darin, alles zu berücksichtigen, was wichtig ist und auch später noch mal wichtig werden könnte. Personen, die verschwinden und auf einmal wiederauftauchen, bestimmte Namen, die nicht abgeändert werden sollten, oder allein die ganzen Attacken, die richtig benannt werden müssen. Häufig ziehen wir dabei auch den Manga zum Vergleich heran oder schauen uns noch einmal an, was genau zum Beispiel in Episode 20 passiert ist. Zu zweit ist es einfacher, das Ganze irgendwie zusammenzuhalten, zumal das auch immer eine Frage der Zeit ist. Daniel und ich sind beide noch in anderen Projekten involviert, sodass wir uns die Aufnahmeblocks von One Piece untereinander aufteilen. Und weil Daniel eben auch noch als Synchronsprecher arbeitet, haben wir uns hierfür eine Zwei-Drittel/Ein-Drittel-Regel einfallen lassen. Das ist so die einzige Abmachung, ansonsten haben wir grundsätzlich das gleiche Aufgabenfeld.

Ein gut aufgelegter Synchro-Staff erwartete die One Piece-Fans im Mathäser Filmpalast zur Signierstunde. V.l.n.r.: Simone Brahmann (Robin), Daniel Schlauch (Ruffy), Yannick Forstenhäusler (Dialogregisseur), Uwe Thomsen (Zorro), Benedikt Gutjan (Brook) und Hubertus von Lerchenfeld (Sanji)

Fällt in deinen Aufgabenbereich auch das Casting der Sprecherinnen und Sprecher beziehungsweise entscheidest du bei deren Auswahl mit?

YF: Ich darf als Regisseur Wünsche äußern, aber das letzte Wort hat in der Regel die Aufnahmeleitung. Das ist jener Teil des Teams bei einer Produktion, der entscheidet, welcher Sprecher zu welcher Rolle passt. Da beim Schreiben aber oft schon eine ungefähre Vorstellung davon entsteht, welche Erfahrung oder welche schauspielerische Fähigkeit jemand für einen bestimmten Charakter mitbringen sollte, befinden wir uns im stetigen Austausch miteinander.

Hubertus, Benedikt, ihr sprecht eure Rolle ja bereits seit vielen Jahren und seid mit euren Figuren von daher sehr vertraut. Was waren für euch die prägendsten Momente eures Charakters oder welche Szenen sind euch besonders gut in Erinnerung geblieben?

Hubertus von Lerchenfeld (HvL): Das erste Aufeinandertreffen mit Sanji war für mich auf jeden Fall prägend. Das Casting hat mir damals richtig Spaß gemacht, weil mir der Typ irgendwie gefiel: cool, überdreht und mit so vielen Facetten, dass ich ihn auch heute noch sehr gerne spreche. Auch seine Lebensgeschichte sprach mich direkt an: Ganz am Anfang erzählt Sanji ja, wie er das Kochen gelernt hat und schließlich von seinem Ziehvater adoptiert wurde – ich fand das angenehm hintergründig. Meine allerprägendste Erfahrung als Sprecher von Sanji war aber natürlich die Reise zur „Fraueninsel“! (lacht) Es ist jetzt tatsächlich schon 17 Jahre her, dass One Piece in Deutschland gestartet ist, und mir macht es nach wie vor rasend Spaß. Ich hoffe, dass das One Piece überhaupt nicht gefunden wird, damit wir das noch möglichst lange machen können! (lacht)

One Piece – TV-Serie ©Eiichiro Oda/Shueisha, Toei Animation

Meine allerprägendste Erfahrung als Sprecher von Sanji war aber natürlich die Reise zur „Fraueninsel“!

Hubertus von Lerchenfeld über Sanjis Reise zur Insel Momoiro in Episode 419, auf der ihn seine persönliche Hölle erwartete (s. Screenshot oben).
One Piece – TV-Serie ©Eiichiro Oda/Shueisha, Toei Animation

BG: Ich glaube, mein prägendstes Erlebnis war der erste Studiobesuch. Ich wurde vom damaligen Aufnahmeleiter Alexander Schulz angerufen, der mir die Rolle so beschrieb: „Da ist einer, der muss immer ein bisschen singen und ist komplett verrückt und muss irgendwie einigermaßen tief kommen, aber vor allem ganz hoch“ – und da hätte er an mich gedacht! Dann bin ich da ganz ohne Casting hin, und musste gleich in der ersten Szene mit Brook drauflossingen und „Yohohoho“ rufen. Ich dachte zunächst „Wo bin ich dann da hineingeraten?“, habe dann aber relativ schnell gemerkt, dass es wahnsinnig viel Spaß macht. Ich bin zwar nach einer Brook-Session jedes Mal gefühlt drei Tage heiser, aber es ist für mich trotzdem immer ein Highlight, wenn er seine Gesangseinlagen hat und als Rockstar auf der Bühne steht.

Worin bestand für dich die größte Herausforderung, als du Brook damals zum ersten Mal deine Stimme geliehen hast?

BG: Das war gar nicht so sehr der Gesang, sondern wirklich die Lache. Die ist ja im Original schon so wahnsinnig krass. Das im Deutschen mit dem Rhythmus so rüberzubringen, das ist mir zwar mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen, aber anfangs war das schon eine Herausforderung.

One Piece – TV-Serie ©Eiichiro Oda/Shueisha, Toei Animation

Hubertus, wie war das für dich bei Sanji?

Hubertus von Lerchenfeld (HvL): Die Momente, in denen sich Sanji verliebt, sind für mich die größte Herausforderung, da ich das stets so umzusetzen versuche wie der Originalsprecher. Das ist einfach sauwitzig, und diese Herzchenaugen und das Ausflippen, das muss man schon in sich haben. Am Anfang ist Sanji ja eigentlich jedes Mal, wenn Nami oder Robin in der Nähe waren, völlig ausgetickt, was ich momentan ein wenig vermisse, um ehrlich zu sein. In ONE PIECE STAMPEDE hat Sanji keine so große Rolle und wenn er mal auftritt, dann eher cool. Ich würde mich freuen, wenn wir in den nächsten TV-Folgen wieder mehr von ihm sehen würden, am liebsten wäre mir sogar der liebestolle Sanji. Eine weitere Herausforderung für uns Sprecher sind natürlich die Kämpfe: Da müssen wir stimmlich echt aufpassen, vor allem, wenn wir nachmittags noch eine Rolle in einem eher „ruhigen“ Film sprechen müssen. Da wir bei One Piece aber immer Vollgas geben, versuchen wir das in der Regel so zu legen, dass es keine Auswirkungen auf unsere anderen Projekte hat.

Diese Herzchenaugen und das Ausflippen, das muss man schon in sich haben.

Hubertus von Lerchenfeld über die besonderen Herausforderungen, die das Synchronisieren von Sanji mit sich bringt.

YF: Wenn ich weiß, dass ein Sprecher im Anschluss noch eine französische Romantikkomödie vor der Brust hat, achte ich auch schon mal darauf, die Schrei-Tics ein bisschen hintenanzustellen. Dass er die dann einfach beim nächsten Mal, beim zweiten Termin einspricht, um auch die Varianz für die Nachfolgeproduktion ein bisschen zu wahren. Einfach aus Kollegenliebe. (lacht)

Wenn wir das richtig verstanden haben, setzt ihr euch für eure Synchronarbeit auch stets intensiv mit der Originalsprachfassung auseinander: Wie genau hört ihr euch diese an und inwieweit fließen diese Eindrücke schließlich in eure eigene Interpretation mit ein?

Brook-Sprecher Benedikt Gutjan

BG: Ich glaube, dass das gute Synchronschauspiel mit einem guten Gehör steht und fällt. Wir achten schon sehr genau darauf, wie der Originalsprecher das macht, welchen Pace er vorgibt, wie laut er ist, wie leise, welche Untertöne er hat. Und im Optimalfall bekommt man das auch im Deutschen so hin. Es kommt dabei auch immer ein bisschen auf die Produktion an, sprich wie gut das Original ist. Da gibt der Regisseur die Marschroute vor, also es entweder besser zu machen, wenn das Original nicht so dolle ist, oder das Original ist eben im besten Fall so gut, dass wir diese Messlatte auch auf Deutsch erreichen sollen. Und bei One Piece ist das Original sehr gut, sehr anspruchsvoll und auch sehr laut. Da muss man schon genau hinhören, um diese ganzen Facetten herauszuarbeiten.

Ich glaube, dass das gute Synchronschauspiel mit einem guten Gehör steht und fällt.

Benedikt Gutjan

HvL: Dem kann ich mich nur anschließen. Die japanische Sprache unterscheidet sich zwar von der deutschen, aber wir hören schon heraus, ob etwas cool gemeint ist oder ob es arrogant klingen soll, oder ob womöglich sogar subtiler Humor mitschwingt. Das versuchen wir dann natürlich in jeder Szene emotional so herüberzubringen wie im Original.

BG: (zu seinen Kollegen) Ich weiß nicht wie es euch geht, aber das ist bei mir mittlerweile schon so im Ohr, dass ich zwar nach wie vor kein Wort vom Original verstehe, aber es absolut vertraut klingt, weil man es schon tausendmal gehört hat. Also irgendwie wie die Großmutter, die man trotzdem nicht versteht. (lacht)

YF: Oft hat man ja das englische Original, das leichter zu verstehen ist. Aber bei One Piece arbeiten wir mit dem japanischen O-Ton, gerade auch um ein Gespür für die richtige Melodie und Lautstärke zu bekommen. Am Anfang ist es schon ein bisschen hinderlich, wenn man nur auf die Melodik und den Rhythmus hört, ohne zu verstehen, was eigentlich genau gesagt wird. Aber wie Hubertus und Benedikt sagen, ist das mittlerweile gar nicht mehr so ausschlaggebend. Natürlich bringt dann jeder Sprecher noch seinen eigenen Charme mit, da die Stimmen ja nicht eins zu eins dieselben sind – das sollen sie auch gar nicht sein. Ich denke, dass der Grad, mit dem wir uns dem Original annähern, für One Piece genau der richtige ist und alle geben sich da auch sehr, sehr viel Mühe.

Stets mit Leidenschaft bei der Sache: V.l.n.r.: Uwe Thomsen (Zorro), Daniel Schlauch (Ruffy), Simone Brahmann (Robin), Yannick Forstenhäusler (Dialogregisseur), Benedikt Gutjan (Brook) und Hubertus von Lerchenfeld (Sanji)

Wie ist das dann bei dir mit dem Dialogbuch, Yannick? Du bekommst ja wahrscheinlich eine Übersetzung, die dann noch bearbeitet wird.

Dialogregisseur Yannick Forstenhäusler

YF: Ich bekomme für One Piece eine “Conti”, also eine Rohübersetzung von Japanisch auf Englisch inklusive Bildbezug: Darin wird Frame für Frame aufgelistet, was wo passiert und wer was spricht. Dazu werfe ich dann auch einen Blick in den Manga als Leitfaden, damit ich weiß, welche Begriffe vielleicht wichtig werden. Sehr praktisch ist auch das One Piece-Wiki, um sich auch für Vergangenes noch einmal abzusichern hinsichtlich der Begrifflichkeiten. Vieles passiert aber irgendwann auch aus dem Bauch heraus, weil man die Charaktere einfach kennt und weiß, wie die Sprecher ihre Rollen sprechen. Ich höre auch oft schon den deutschen Sprecher während des Schreibens und frage mich zum Beispiel: „Was kann ich hier jetzt dem Hubertus zumuten?“ Der Daniel kriegt halt noch mal vier fünf Worte mehr, weil er super schnell sprechen kann, genau wie Benedikt noch mal mehr bekommt als ein Tommi Piper (Anm. d. Redaktion: War in Episode 756 als Stimme des Hunde-Mink Inuarashi zu hören). Damit will ich keinen Sprecher schlechter als den anderen machen. Was ich damit sagen will, ist, dass es für mich praktisch ist, die Stimme, Sprechgeschwindigkeit und andere Faktoren eines Sprechers im Ohr zu haben um die Figuren authentischer schreiben zu können. Das eignet man sich dann schon an und gerade, wenn eine Produktion so lange geht wie One Piece, finde ich das sehr angenehm im Prozess.

Ich werfe auch einen Blick in den Manga als Leitfaden, damit ich weiß, welche Begriffe vielleicht wichtig werden.

Yannick Forstenhäusler

HvL: Wir haben auch eine Japanisch sprechende Cutterin dabei, Kathrin Stoll, die uns ein bisschen hilft. Sie hört selbst kleine Nuancen heraus und sagt uns, wenn das im Englischen irgendwie falsch übersetzt wurde.

YF: Zudem hat unsere Cutterin ein sehr, sehr umfassendes Wissen im One Piece-Universum. Gerade auch in Bezug auf die neuesten Episoden aus Japan – da sind wir ja mittlerweile dann doch so 130 Folgen hinterher – hilft uns das beim Bearbeiten der bei uns aktuellen Episoden. Dieses Foreshadowing ist sehr wichtig, weil dadurch der ein oder andere Übersetzungsfehler aufgefangen werden kann.

Wie sah denn für euch ein typischer Arbeitstag an ONE PIECE STAMPEDE aus?

YF: Das Zeitfenster für STAMPEDE war tatsächlich eng. Wir hatten, glaube ich, einen knappen Monat für alles. Das Dialogbuch schreibt man natürlich als Erstes, und dann wird daran parallel „getaket“, das heißt, es wird eingearbeitet, wer welche Rolle und wie viel spricht. Das bekommt schließlich die Aufnahmeleiterin, die wiederum die Sprecher anruft und Termine für die Produktion vereinbart. Ich glaube, für STAMPEDE waren wir knapp anderthalb Wochen im Studio aufgenommen, das ging täglich bis 18 Uhr, mit einer Sunde Mittagspause. Es kommen aber nicht an jedem Tag gleich viele Sprecher, sondern an einem Tag mal vier oder nur zwei, am nächsten Tag dafür vielleicht zehn. Je nachdem, wie sie Zeit haben, ist es sehr abwechslungsreich und wird deswegen auch nicht so schnell langweilig.

YF: Die Hauptrollen sprechen einzeln. Das ist mittlerweile in der Synchronbranche auch gang und gäbe, dass einzeln aufgenommen wird, das war früher anders. Die einzige Ausnahme bilden Ensemble-Aufnahmen, also Massenszenen, Schreie oder Geräusche im Hintergrund sowie Gespräche, die nicht unbedingt verständlich sein müssen. Bei One Piece fallen darunter zum Beispiel Einwohner oder Zuschauer in einer Arena. Die werden noch zusammen aufgenommen: Bei One Piece stehen dann vier bis zehn Personen gleichzeitig vorm Mikrofon. Aber die Leute, die die Story vorantragen und Emotionen transportieren müssen, die kommen mittlerweile einzeln. Das ist zeitlich einfach effektiver. Man kann sich natürlich darüber streiten, ob das für das Schauspiel, für die Sprecher einfacher oder schwieriger ist, zumal man früher hörte, wie der andere sprach, und besser darauf eingehen konnte. Das ist jetzt nicht mehr da. Man muss viel vorlesen, den Zusammenhang erst mal kriegen, weil man alleine vor dem Mikrofon steht. Da ist es dann als Regisseur auch wichtig, dem Sprecher zu helfen, zu sagen: „Hey, wir haben jetzt einen Cut, das ist eine halbe Stunde später im Film und die Situation ist die folgende“, um ihm so die Arbeit ein bisschen zu erleichtern.

ONE PIECE STAMPEDE ©Eiichiro Oda/2019 “One Piece” production committee

Ensemble-Aufnahmen, zum Beispiel für Zuschauer in einer Arena, werden noch zusammen aufgenommen: Bei One Piece stehen dann vier bis zehn Personen gleichzeitig vorm Mikrofon.

Yannick Forstenhäusler

Benedikt, Hubertus, wie war das bei euch: Wie sah euer typischer Arbeitstag für ONE PIECE STAMPEDE aus?

One Piece – TV-Serie ©Eiichiro Oda/Shueisha, Toei Animation

HvL: Wir kamen zu einem bestimmten Termin, den wir mit der Aufnahmeleitung vereinbart hatten, ins Studio – in diesem Fall das Münchener Instant Records –, wo uns das Team von Rescue Film inklusive Regisseur, Cutterin und Tonmeister erwartete. Yannick, der den ganzen Film bereits kannte, klärte uns über die Entwicklung unserer Figur auf, sagte uns, worauf wir achten müssen, ob wir einen guten oder bösen Charakter spielen oder, in meinem Fall, was mit Sanji jetzt im Speziellen passiert. Wir wurden quasi zur Handlung gebrieft und auf die emotionale Reise vorbereitet, die der Charakter im Film vollzieht. Und dann haben wir einfach Take für Take unsere Sätze eingesprochen. Die lernt man am besten auswendig, insofern man das kann. Man denkt ja immer, dass wir das alles einfach ablesen. Tatsächlich lernen wir aber jeden Satz auswendig.

HvL: Dann hört man sich einmal den O-Ton an, bei Kinofilmen vielleicht auch ein bisschen öfter, denn da hat man in der Regel ein bisschen mehr Zeit. Und normalerweise wird bei Kinofilmen sogar darauf geachtet, dass die Hauptrollensprecher bereits vorher den ganzen Film gesehen haben, damit sie ein Gespür für die einzelnen Szenen bekommen. Dann, wenn man den Take im Kopf hat, also den Text, fährt der Tonmeister beim zweiten, dritten Durchlauf auch schon die Aufnahme mit. Danach heißt es erst mal von der Regie „Boah, das war ja so grottenschlecht!“ Beim Yannick nicht, um Gottes Willen, der sagt das immer sehr nett! (lacht) Nein, im Ernst: Die Cutterin sagt mir dann: „Du warst zu schnell, zu langsam, zu breit, zu kurz, du musst die zweite Pause länger machen“. Und Yannick sagt: „Du musst ein bisschen trauriger klingen, außerdem warst du zu laut und dein „S“ schmatzt“, oder so was in der Art. Da bekommt man sehr viele Informationen in sehr kurzer Zeit, muss aber, während man an diesen ganzen Baustellen arbeitet, immer noch den O-Ton im Kopf behalten und den Text wissen. Letztendlich ist es also eine brutale Konzentrationsarbeit. Und wenn man mit seinen Takes durch ist – bei mir waren es diesmal im Ganzen nur so um die 30 –, dann ist man froh, wenn man es erst mal geschafft hat. (lacht) Wenn man Glück hat und es gerade passt, kann man mit dem Team noch essen gehen, und dann geht man auch schon weiter zum nächsten Projekt oder nach Hause. So sieht im Grunde ein Arbeitstag aus. Wenn man eine größere Rolle hat, dann muss man natürlich öfter kommen, und manchmal wird auch einfach die Szene noch mal durchgehört, damit man sieht, worauf man achten muss.

BG: Auch ich hatte jetzt nicht so wahnsinnig viel zu tun in dem Film, von daher beschränkte sich mein Arbeitstag auf eine dreiviertel Stunde oder so.

YF: Also, bei der Aufnahme ist es genau so, wie der Hubertus das beschrieben hat: Meistens fährt der Tonmeister schon die nächste Aufnahme ab, während ich eigentlich noch mit Hubertus spreche und ihm sage, was noch besser werden muss. Bevor aufgenommen wird, zählt ein Balken runter: 3, 2, 1 … und dann geht die Aufnahme auch direkt los. In dieser Zeit redet man aber meistens noch, also hat der Sprecher meistens nicht einmal die drei oder vier Sekunden Vorlaufzeit, um sich wieder zu konzentrieren oder mal Luft zu holen. Das geht dann meistens irgendwie noch auf der 1 und dann ist wieder Aufnahme. Und dann geht die Prozedur von vorne los, oder es hat eben gepasst.

“ONE PIECE STAMPEDE” ist bei KAZÉ Anime auf DVD und Blu-ray Disc sowie als Limited Collector’s Edition erhältlich

Hubertus, Benedikt, welche Szene von Sanji und Brook hat euch beim Einsprechen denn diesmal besonders gefallen?

HvL: Ich muss sagen, dass Sanji immer nur so blitzlichtartig im Film aufgetaucht ist. Einmal relativ am Anfang, dann ein paarmal in der Mitte, dann war er in der Höhle. Dann halte ich noch die Gegner auf, sorge also für Zeitgewinn für die anderen … also, ich sage besser mal: Schaut euch lieber den Film an, bevor ich hier noch irgendwas verrate. (lacht)

BG: Ich kann dazu leider nicht allzu viel beitragen, weil Brook nichts Wichtiges getan hat in dem Film. Natürlich ist die originelle Brook-Lache wieder drei-, viermal zu hören, die macht wie gesagt immer Spaß beim Aufnehmen.

YF: Man muss allerdings dazu sagen, dass Benedikt, Hubertus und die anderen Hauptrollensprecher den Film eben nicht vorab gesehen, sondern lediglich ein Briefing von mir bekommen haben. Und wenn Brook beispielsweise in einem größeren Erzählabschnitt des Films zu sehen ist, darin aber nur mal kurz lacht und am Ende noch einen kleinen Spruch bringt, dann sind es eben auch nur diese Szenen, die Benedikt gesehen hat. Da man als Sprecher oft nicht weiß, was sich zwischen seinen Sprechparts ereignet hat, kann es also durchaus sein, dass man auch die genauen Zusammenhänge nicht kennt.

Habt ihr noch eine Abschlussbotschaft an die deutschen One Piece-Fans?

BG: Ich bin immer wieder beeindruckt, wie viel One Piece im Allgemeinen den deutschen Fans oder den Fans weltweit bedeutet. Das fand ich schon immer krass. Ich habe ja vorhin angedeutet, wie ich da mal so zufällig reingeraten bin, mehr oder weniger, und dann relativ schnell gemerkt habe, was das Ganze eigentlich für eine Größe hat. Und auf den Conventions begegnet man Leuten, die wirklich bewundern, was wir da tun, und die alles über One Piece wissen. Die teilweise sogar sehr viel genauer wissen als wir Sprecher, was unseren Charakter eigentlich ausmacht, und das ist schon krass. Ich finde das jedes Mal wahnsinnig toll und bin seitdem auch mit einer ganz anderen Haltung vor dem Mikrofon, weil ich im Hinterkopf habe, was das den Fans bedeutet. Von daher: Respekt, ich bin immer ganz gerührt und finde das wirklich, wirklich super.

HvL: Meine Botschaft wäre als Erstes einfach mal ein großes Dankeschön, weil ich es einfach toll finde, was wir für ein Feedback bekommen, sei es durch Zuschriften oder auch auf den Conventions wie der MAG, auf der ich mit Yannick war. Es ist einfach irre, wie viel Mühe und Arbeit auch in den einzelnen Kostümen steckt, die da teilweise angefertigt werden. Und welche Liebe zum Detail da gelebt wird. Das sind alles wirklich so liebe, friedliche Leute, die einfach Good Vibes auf diesen Messen und Treffen verbreiten. Deswegen bin ich da auch immer gerne und finde es superwitzig mit Kollegen hinzufahren, um mich dort den Fragen direkt zu stellen. Deswegen noch mal dahingehend ein großes Dankeschön und bitte immer weiter dranbleiben, weil ich glaube, dass die Reise noch lange nicht zu Ende ist!

Ein großes Dankeschön, weil ich es einfach toll finde, was wir für ein Feedback bekommen.

Hubertus von Lerchenfeld

YF: Da kann ich mich nur anschließen. Das Schönste ist, wenn man wie jetzt zurzeit auch anhand der Einschaltquoten sieht, dass es den Leuten und den Fans gefällt. Meine Botschaft wäre, einfach nur am Ball zu bleiben und die deutsche Synchronfassung zu schauen, weil wir nur so auch weitermachen können. Denn eine Sendung, die keiner guckt, wird auch sehr schnell wieder eingestampft. Ich glaube aber, dass ProSieben MAXX seinen Marktwert oder -anteil mit dem Anime-Programm verdrei- oder vierfacht hat, was absolut beachtlich ist. Und von daher kann ich mir nur wünschen, dass alle Fans weitergucken oder sogar sich noch mehr Leute das anschauen und das wir die Arbeit, die uns allen so Spaß macht, weitermachen können.

Das wünschen wir uns auch. Vielen Dank für eure Zeit!


Unsere ausführliche Review zu ONE PIECE STAMPEDE lest ihr in der AnimaniA 4/2020, die seit dem 5. Juni am Kiosk und als DVD-Ausgabe im Comic- und Fachhandel erhältlich ist. Beide Versionen der AnimaniA könnt ihr auch online unter animania.de/shop bestellen.

ONE PIECE STAMPEDE ©Eiichiro Oda/2019 “One Piece” production committee
One Piece – TV-Serie ©Eiichiro Oda/Shueisha, Toei Animation
Fotos Vorpremiere © AnimaniA-Magazin / A. Delseit