Am 23. Januar ist mit dem klassisch inszenierten JRPG LOST SPHEAR das neuste Werk von SQUARE ENIX und dem hauseigenen Entwicklungsteam Toyko RPG Factory für PS4, PC und Switch erschienen. Mit einigen Verbesserungen soll die Genre-Perle an den großen Erfolg des imaginären Vorgängers I am Setsuna anschließen. Pünktlich zum Release erwies uns Atsushi Hasimoto, der der auskunftsfreudige Regisseur beider Spiele, die Ehre und nahm sich Zeit für unsere Fragen. Unser Review zu LOST SPHEAR lest ihr derweil in der brandneuen AnimaniA 2/2018, die am 2. Februar überall im Handel erhältlich ist. Viel Spaß nun mit unserem Interview mit Hashimoto-san.
Hallo Herr Hashimoto, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen! Können Sie unseren Lesern kurz etwas über Ihre Karriere erzählen und darüber, welches Game Sie als Spieleentwickler am meisten beeinflusst hat?
Atsushi Hashimoto (AH): Am Anfang meiner Karriere arbeitete ich als Planer für verschiedene Spiele in einem Entwicklungsstudio in Osaka. Kurz darauf beschloss ich mich selbständig zu machen und trat dem Team des Third-Person-Shooters Kid Icarus: Uprising bei. Schließlich war ich Regisseur für das Action-JRPG Final Fantasy Explorers und habe dann bei Tokyo RPG Factory seit der Entwicklung von I am Setsuna gearbeitet. In meiner Tätigkeit habe ich mich nicht von einem spezifischen Spiel beeinflussen lassen, aber ich bin zweifellos stark von SQUARE-ENIX-Werken aus den 90er Jahren, die ich als Kind gerne gespielt habe, geprägt worden. Dazu zählen Chrono Tigger, Xenogears und Games aus der DRAGON QUEST-Serie.
Der Trend im RPG-Bereich geht aktuell zu bombastischen Inszenierungen sowohl grafisch als auch inhaltlich. Warum konzentrieren Sie sich mit Ihren Projekten auf die alte JRPG-Schule?
AH: Die Toyko RPG Factory legt großen Wert darauf, Spiele zu kreieren, die Ihren ursprünglichen Charme und Glanz auch in zehn Jahren noch beibehalten. Letzten Endes sollen sie in den Erinnerungen der Spieler haften bleiben, also ganz ähnlich, den JRPGs, die in den 90er Jahren existierten. Damals wurde dem Spieler ein gewisser Raum für Interpretation bezüglich der Charakterentwicklung und Storyentfaltung im Laufe des Abenteuers gelassen. Heutzutage sieht man kaum mehr solche Werke. Wir wollen erreichen, dass die Gamer das Spielerlebnis unserer Titel mit ihrer Vorstellungskraft füllen.
Welche Zielgruppe möchten Sie mit Spielen wie LOST SPEAR und I am Setsuna ansprechen?
AH: Unser Hauptaugenmerk gilt sowohl den Rollenspiel-Veteranen die an den Klassikern der 90er Jahre festhalten, als auch den neuen, jüngeren Spielern, denen wir den Spaß an JRPGs mit dem klassischen Feeling näherbringen wollen.
Wie sehen Sie die Zukunft von RPGs im Allgemeinen und was würden Sie gerne in Ihren eigenen, aber auch in den Projekten anderer Entwickler sehen?
AH: Das Genre selbst hat das Potenzial, sich in verschiedene Richtungen zu entwickeln. Ob nun mit einer Blockbuster-RPG-Serie wie FINAL FANTASY und DRAGON QUEST, mit Persona, das auf einem ausgeprägten Anime-Stil aufbaut, mit RPGs, die für Handy konzipiert sind, und natürlich mit Spielen, die Tokyo RPG Factory im Stil der 90 Jahre produziert. Es wäre erfreulich zu sehen, wenn es ein noch breiteres und vielfältigeres Genre wird, genau wie damals in den 90er Jahren, als sich verschiedene Entwickler neuer Herausforderungen annahmen und viele der Klassiker kreierten, die wir heute so sehr lieben.
Welche Elemente aus LOST SPHEAR wurden speziell basierend auf dem Fan-Feedback für I am Setsuna hinzugefügt?
AH: Einige Spieler waren enttäuscht, dass bestimmte Eigenschaften, die in einem JRPG als elementar gelten, außer Acht gelassen wurden. So fehlten dem Spieluniversum beispielsweise Wirtshäuser. Ein kleines, aber dennoch sehr wichtiges Detail. Darüber hinaus haben wir einige andere Features von I am Setsuna überprüft, verbessert und weiterentwickelt. Diverse Fans liebten die schneebedeckte Landschaft von I am Setsuna, während andere meinten, dass die Orte ziemlich einfach ausgefallen seien. Basierend auf diesem Feedback, können Spieler in LOST SPHEAR zu einer Vielzahl von Landschaften reisen, die verschiedene Zivilisationen aufweisen, von Ortschaften voller Natur bis hin zu Plätzen, die von Maschinen umgeben sind. Zwischendurch können Sie immer wieder einmal in einem der vielen Wirtshäuser rasten. Außerdem kann man sich jetzt im Kampf frei bewegen, das haben sich viele I am Setsuna-Spieler gewünscht – also haben wir das System leicht geändert, um auf die Wünsche unserer Fans einzugehen.
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Welche Gameplay-Neuerungen insbesondere in Bezug auf das Kampfsystem in LOST SPHEAR noch vorgenommen?
AH: Neben den oben genannten Verbesserungen wurden Kampfanzüge, sogenannte Vulcosuits, die die Fähigkeiten des Helden aufwerten, in das Gameplay eingebaut. Diese Anzüge sind mit speziellen Paradigmenzügen individuell auf jeden Charakter angepasst und tragen mit unterschiedlichen Auswirkungen zum entscheidenden Teil jedes Kampfes bei. Im Mittelpunkt von LOST SPHEAR steht die Idee der „Erinnerung“, die eine wichtige Rolle im Verlauf des Gameplays spielt und als Hauptaugenmerk zum Verlauf der Geschichte beiträgt. So können beispielsweise Erinnerungs-Items auf der Weltkarte angewendet werden, um Artefakte zu erschaffen, die es dann erlauben, verschiedene Spezialeffekte in den Kämpfen einzusetzen.
Warum haben Sie sich wieder für handgezeichnete Grafiken und dem Piano als zentrales Soundtrack-Instrument für LOST SPHEAR entschieden?
AH: Als wir hörten, wie begeistert die I am Setsuna-Spieler von dem hauptsächlich auf Piano basierenden Soundtrack waren, war von Anfang an klar, dass wir uns wieder dem klassischen Instrument zuwenden werden. LOST SPHEAR hat mehr Feldvariation als I am Setsuna. Deshalb haben wir dem bewährten Piano noch ein Instrument hinzugefügt, das sich den speziellen Gegebenheiten des zweiten Projektes anpassen kann. Somit wurde der der hochwertige Soundtrack von dem ersten Spiel beibehalten und gleichzeitig neue Musik und eine einzigartige Atmosphäre kreiert.
Wie hat der technische Fortschritt die Produktion eines RPGs wie LOST SPHEAR beeinflusst? Welche Dinge sind nun möglich, die in der ersten und zweiten Konsolengeneration undenkbar waren?
AH: Dank des technischen Fortschritts konnten wir einzigartige grafische Darstellungen in allen Hintergründen des Spiels einbauen und ihm zugleich einen handgezeichneten Charakter verleihen. Obwohl wir erneut einen traditionellen visuellen Stil gewählt haben, sind wir nun in der Lage durch erweiterte Optionen die Fantasie der Spieler noch besser anzuregen, indem wir die Grafik auf hohem Niveau weiterbearbeiten. Solche Optimierungen und detailliere Bearbeitungen wären zu Zeiten der PlayStation und PlayStation 2 undenkbar gewesen.
Welche Charaktere mögen Sie in I am Setsuna und LOST SPHEAR am liebsten?
AH: Als einer der Schöpfer, der den Charakteren in beiden Spielen Leben einhaucht, habe ich natürlich eine spezielle Bindung zu all den Persönlichkeiten. Es fällt mir daher auch nicht leicht, diese Frage zu beantworten. Lumina aus LOST SPHEAR ist ein besonders komplizierter und komplexer Typ, an dem wir länger arbeiten mussten, um ihre Persönlichkeit auch richtig in Szene zu setzen. Aus dem Grund dürfte sie wohl auf dem Charakter-Podest den ersten Platz einnehmen.
Da unsere Leser großes Interesse an Anime, Manga und japanischen Spielen haben, würden wir auch gerne wissen, welches aktuelle Spiel im Moment Ihr Favorit ist, ob Sie ein All-Time-Favorite-RPG haben und ob Sie einige Animes und Mangas empfehlen können.
AH: Ein RPG, das kürzlich einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen hat, ist SaGA: Scarlet Grace von SQUARE ENIX. Es wurde letztes Jahr in Japan veröffentlicht und seitdem habe ich den Titel einige Male leicht angespielt. Da ich nun etwas Freizeit zur Verfügung habe, kann ich es kaum erwarten, voll und ganz in die Welt einzutauchen. Weitere Favoriten, die ich so richtig gespielt habe, sind DRAGON QUEST XI und das analoge Spiel Cardfight Vanguard. Obwohl es viele gute JRPGs gibt, würde ich behaupten, dass mein absolutes Lieblingswerk DRAGON QUEST III bleibt, das 1988 auf den Markt kam. An guten und empfehlenswerten Animes und Mangas gibt es ein weites Spektrum, wie etwa Martian Successor Nadesico und The Five Star Stories. Obwohl diese Titel keine Spiele sind, haben sie mich nachhaltig inspiriert.
Hashimoto-san, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Sabine Scholz.