Green Garden: Interview mit der Manga-ka Sozan Coskun

Green Garden
© Sozan Coskun / Altraverse GmbH 2020

Wir durften der Green Garden-Manga-ka Sozan Coskun zur Veröffentlichung von Band eins ihrer Shojo-Fantasy-Reihe bei altraverse im März 2020 ein paar Fragen stellen. Viel Spaß beim Hinter-die-Kulissen-Schauen! Unsere Rezension zu Green Garden findet ihr in der AnimaniA 2/2020 (ab 5. Februar im Handel).

Sozan, würdest du dich den Lesern, die dich noch nicht kennen, zunächst kurz vorstellen und erzählen, wie du zum Zeichnen gekommen bist?

Green Garden
© Sozan Coskun / Altraverse GmbH 2020

Sozan Coskun (SC): Sehr gerne! Ich heiße Sozan Coskun und zeichne die Serie Green Garden, die ab März bei altraverse veröffentlicht wird. Gezeichnet habe ich schon, seit ich denken kann, aber speziell zum Manga kam ich im Alter von sechs Jahren. Ein Freund empfahl mir die Anime-Serien, die damals auf PokitoTV liefen, ein Nachmittagsprogramm von RTLZWEI. Schon war es um mich geschehen und ich zeichnete meine eigenen Pokémon-Trainer und Sailor-Kriegerinnen.

Wie ist die Idee zu Green Garden entstanden?

SC: Ich erzähle immer gerne die Anekdote von einem Gedanken, den ich auf einer langen Zugfahrt hatte: Was wäre, wenn diese Reise nie enden würde? Und schon hatte ich die erste Idee zu einer unerschöpflichen Energiequelle und dem dazugehörigen Universum.

Green Garden
© Sozan Coskun / Altraverse GmbH 2020

Gibt es einen Charakter in deinem Werk, den du ganz besonders magst?

SC: Ich muss gestehen, dass ich jeden Charakter von Green Garden gleichwertig mag. Jede Figur hat ihre ganz eigenen Eigenheiten, Stärken und Schwächen, die sie für mich interessant und charmant machen. Da fällt es mir wirklich schwer, mich zu entscheiden!

Die Geheimnisse und Hintergründe von Green Garden werden nur nach und nach enthüllt. Wie vermeidest du es, den Faden zu verlieren?

SC: Diese Sorge hatte ich am Anfang der Geschichte auch. Deshalb habe ich mir gleich einen riesigen Ordner zur Geschichte angelegt, damit ich auch bloß kein Detail vergessen! Bis jetzt hat das erstaunlich gut funktioniert und ich bin guter Dinge, dass das so bleibt!

Green Garden
© Sozan Coskun / Altraverse GmbH 2020

Du hast Green Garden zunächst als Dojinshi im Eigenverlag veröffentlicht. Nun soll es bei altraverse in insgesamt vier Bänden erscheinen. Wie ist es zu der Zusammenarbeit gekommen?

SC: Zur Zusammenarbeit kam es, als ich Verlagsleiter Joachim Kaps auf der Leipziger Buchmesse 2019 meinen selbstpublizierten Band von Green Garden in die Hand drückte. Ich bin ihm quasi hinterhergerannt und hab ihn wohl wortwörtlich mit meinem Manga überfallen. Wie viele andere auch hatte ich schon immer den Traum, Manga-ka zu werden und mit einem hiesigen Verlag zusammenzuarbeiten. Als dann klar wurde, dass altraverse sich meines Projekts annimmt, konnte ich mein Glück kaum fassen!

Wie unterscheidet sich die Arbeit mit einem Verlag vom Selfpublishing?

SC: Der größte Unterschied zwischen Selfpublishing und Verlagsarbeit ist wohl, dass man jeden Schritt vorher mit seinem Redakteur oder seiner Redakteurin besprechen muss. Beim Selfpublishing ist man sein eigener Boss. Für den ein oder anderen mag es nervig sein, stets die Meinung und Kritik eines anderen miteinzubeziehen, ich hingegen empfinde das als sehr bereichernd. Vor allem wenn man sich als Zeichner verbessern will, halte ich professionelles Feedback für unabdingbar. Und durch die Zusammenarbeit mit altraverse sehe ich, wie ich mich immer weiter verbessere und entwickle. Dafür bin ich sehr dankbar!

Green Garden
© Sozan Coskun / Altraverse GmbH 2020

Kannst du anderen Zeichnerin einen Tipp geben, wie sie Verlage auf sich aufmerksam machen?

SC: Früher gab es viele Zeichenwettbewerbe, mit denen man Verlage auf sich aufmerksam machen konnte. Das ist mittlerweile leider eher die Seltenheit. Jedoch kann man sich auch direkt mit einer Mappe bei einem Verlag bewerben, das habe ich selbst auch oft getan. Die meisten Verlage haben dafür sogar sehr ausführliche Anleitungen, die man auf ihren Websites finden kann. Oder man geht zu einer der Mappensichtungen, die Verlage ab und zu auf Messen anbieten. Dort bekommt man dann auch gleich nützliche Kritik! Und wenn man ganz mutig ist, überfällt man einfach seinen Wunsch-Verlag auf einer Messe, wie ich es getan habe. (lacht) Da gibt es also viele Möglichkeiten! Wichtig ist es, dran zu bleiben und sich nicht unterkriegen zu lassen. Es ist eher die Ausnahme, gleich mit seiner ersten Mappe den Verlag von sich zu überzeugen.

Eine unerschöpfliche Energiequelle, unergründete Folgen für die Menschheit, Regierungsgeheimnisse … Welche Botschaft möchtest du deinen Lesern mit Green Garden vermitteln und wie stehst du zu aktuellen Bewegungen wie Fridays for Future beziehungsweise wie beeinflussen die aktuellen Diskussionen deine Arbeit?

SC: Ich tue mich schwer damit, eine klare Botschaft in einem Satz zu formulieren. Green Garden steckt voller gesellschaftskritischer Themen, die jeder für sich selbst interpretieren kann und darf. Im Kern bleibt Green Garden jedoch eine Fantasy-Geschichte und soll keine Lösungen für unsere gesellschaftspolitischen Dissonanzen liefern. Ich denke, dass ein Shojo-Manga, der sich auch mit politischen Inhalten auseinandersetzt, eher untypisch für das Genre ist. Zumindest behandeln die meisten Shojo-Mangas aus Japan seichtere Themen. Ich habe mich immer gefragt, wieso das so ist: Kann ein junges Mädchen nicht auch politisch sein und die Welt verändern wollen? Natürlich kann sie das! Durch die aktuellen Bewegungen sehe ich diesen Gedanken bestätigt. Und das freut mich wirklich sehr!

Du bist oft auf Messen und Künstlermärkten mit einem eigenen Stand anzutreffen und auch online sehr aktiv. Welche Bedeutung haben die Nähe zu deinen Fans und Social Media für dich und was ist dir bei deinen Auftritten am wichtigsten?

SC: Ich liebe den Austausch mit anderen Menschen, und freue mich jedes Mal aufs Neue, wenn sich Leute zum Beispiel die Mühe machen, mich extra auf Messen besuchen zu kommen. Manche sind dann richtig aufgeregt und das macht mich genauso nervös! Dann kann ich schon mal vor lauter Aufregung wie ein Wasserfall quatschen! Aber gerade diese Gespräche sind mir wichtig und geben mir viel Kraft.

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© Sozan Coskun / Altraverse GmbH 2020

Wie würdest du selbst deinen Stil beschreiben?

SC: Meinen aktuellen Stil würde ich als recht verträumt und akkurat bezeichnen, er hat jedoch auch einen verspielten Touch.

Wie gehst du an das Zeichnen eines Kapitels heran?

SC: Wenn der grobe Handlungsaufbau eines Bandes steht, mache ich mir erste Stichpunkte für das jeweilige Kapitel, notiere also alle wichtigen Eckdaten. Darauf baue ich dann mein Storyboard für das Kapitel auf. Das darf auch recht grob sein. Wenn das Ok vom Verlag bekommt, fange ich mit dem Manuskript an, also der eigentlichen Zeichnung von der Skizze bis zu den Outlines. Schließlich kommen noch das Raster und letzte Korrekturen der einzelnen Seiten. Fertig!

Welcher Aspekt an deiner Arbeit macht dir am meisten Spaß und mit welchem quälst du dich am meisten herum?

SC: Für mich ist meine Arbeit auch zum großen Teil Selbsterfüllung. Ich liebe es mich kreativ ganz einer Sache hinzugeben und ein eigenes Werk erschaffen zu können. Jedoch kann die Arbeit auch sehr einsam und kräftezehrend sein. Gerade wenn es zeitlich etwas knapp wird und man Familie und Freunde seltener sehen kann. Trotz all dem liebe ich das, was ich tue, und bin unglaublich glücklich, das Privileg zu haben, so viel Leidenschaft und Zeit in mein Projekt investieren zu können.

Welche Künstler und Werke haben dich und deinen Stil geprägt und wie hat dein Kommunikationsdesignstudium deine Arbeit beeinflusst?

SC: Der erste Manga, den ich mir gekauft habe, war Nagatacho Strawberry von Mayu Sakai. Mich haben sofort diese feinen Linien und Details fasziniert, die man häufig in Shojo-Manga findet. Dieser Vorliebe bin ich wohl bis heute treu geblieben! Eins meiner absoluten Lieblingswerke ist außerdem Bakuman. von Takeshi Obata und Tsugumi Ohba. Nicht nur inhaltlich hat mich dieser Manga in den Bann gezogen, sondern auch optisch. Die Dynamik der Figuren und die Intensität, die damit erzeugt wird, fasziniert mich bis heute. Das zu zeichnen ist aber gar nicht so einfach! Durch mein Kommunikationsdesignstudium durfte ich mich in unterschiedlichsten kreativen Disziplinen wie Fotografie, Typografie usw. ausprobieren. Ich denke, das hat meinen Horizont erweitert. Vor allem haben mich jedoch die Menschen geprägt, die ich dort kennen lernen durfte.

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© Sozan Coskun / Altraverse GmbH 2020

Welche Zeichenmaterialien verwendest du?

SC: Seit Kurzem zeichne ich ausschließlich digital. Ich liebe die endlosen Möglichkeiten, die einem das digitale Zeichnen bietet und lerne jeden Tag etwas Neues dazu!

Bist Du derzeit „Vollzeit-Manga-ka“ oder widmest du dich noch anderen Jobs zum Beispiel als Illustratorin?

SC: Ich widme mich momentan mit ganzer Leidenschaft den Zeichnungen von Green Garden. Ich bin jedoch auch gegenüber anderen Illustrationsjobs offen. Aber ein Schritt nach dem anderen …

Gibt es von dir derzeit noch Dojinshis zu lesen? Wenn ja, stell sie doch kurz vor und erzähle, wo sie zu finden sind …

SC: Ja, die gibt es! Auf animexx.de kann man alle drei Geschichten aus meinem Kurzgeschichtensammelband Sternenstaub lesen, der 2018 im Selfpublishing erschienen ist.  Die Geschichten handeln von der Liebe und dem Erwachsenwerden, sind also ganz klassisch Shojo-Manga, haben aber sicher ihre kleinen Eigenarten, auf die ich beim Erzählen Wert lege. Das erste Kapitel von Green Garden kann man ebenfalls auf animexx.de lesen! Schaut gerne mal vorbei!

Hast du selbst eigentlich noch Zeit, Mangas oder Comics zu lesen oder Animes zu schauen und wenn ja, welche Titel möchtest du unseren Lesern empfehlen?

SC: Glücklicherweise, ja! Oder vielleicht nehme ich mir dafür sogar ein wenig zu viel Zeit …? Mein absoluter Lieblingsmanga, und das sag ich immer wieder gerne, ist Bakuman.! Meine absolute Anime-Empfehlung ist Chihayafuru! Meiner Meinung nach ist das ein Anime, der viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt, der es aber mehr als verdient hat! Must watch!

Liebe Sozan, vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!

Mehr von der Künstlerin findet ihr zum Beispiel auf ihren Social-Media-Präsenzen bei Twitter und Instagram.

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