Am 18. Juni erschien der Slice-of-Life-Einzelband Die innere Stimme – Briefe an Lille von der deutschen Manga-ka Racami bei altraverse! Wir durften der Schöpferin, die sich unter anderem bereits mit ihrer Eigenproduktion Zuckerwasser einen Namen gemacht hat, ein paar Fragen zu ihrem altraverse-Debüt stellen. Hier lest ihr, wovon sie sich inspirieren lässt, wie sich die Arbeit mit ihrem Hamburger Verlag gestaltet und vieles mehr. Unsere Review des Werks lest ihr in der aktuellen AnimaniA 5/2021.
Hallo Racami, würdest du dich zunächst kurz vorstellen und erzählen, wie du zum Zeichnen gekommen bist?
Racami (R): Hallo, ich bin Racami alias Caroline Tent. Ich bin Autorin bei altraverse, wobei ich, bevor ich glücklicherweise dort landen konnte, auch schon im Eigenverlag Werke wie Zuckerwasser rausgebracht habe. Zum Zeichnen im Allgemeinen bin ich einfach gekommen, seit ich einen Stift halten konnte – zum Manga-Zeichnen im Speziellen, als Anime im Fernsehen präsenter wurden und auch über die Manga-Anthologien wie zum Beispiel die Daisuki. Sie haben mir den Einstieg sehr leicht gemacht, da ich dort in viele verschiedene Sachen reinlesen konnte. Die W.I.T.C.H.-Comics haben aber auch ihren guten Teil dazu beigetragen, dass ich damals dann angefangen habe, Comics und Manga zu zeichnen. Aber ich war insbesondere von der Erzählweise im Manga absolut fasziniert, sodass ich es unbedingt für mich selbst ausprobieren wollte und bin dann bis heute dabei geblieben.
Du hast auch ein künstlerisches Studium absolviert? In welcher Fachrichtung hast du studiert und welche Erfahrungen hast du als Manga-Zeichnerin gemacht?
R: Tja, ich glaube mein künstlerisches Studium und das, was ich nun als Manga-ka machen darf, könnten nicht weiter auseinander liegen. Mein Schwerpunkt im Kunststudium lag nämlich in der Medienkunst. Ich habe hier unter anderem minimalistisch-abstrakte Schwarz-Weiß-Animationen und Virtual-Reality-Rauminstallationen sowie bildhauerische Objekte mit und aus Monitoren realisiert. Daher konnte ich rein handwerklich auch nicht allzu große Erfahrungen in Bezug auf mein Schaffen als Manga-ka sammeln, da dies nie in meine Arbeiten meines künstlerischen Studiums einfloss. Anfänglich hatte ich es noch in der Orientierungsklasse des Kunststudiums versucht, aber das Signal, was man mir hier sendete, war klar: “Manga ist keine Bildende Kunst. Wenn du das hier ernst nimmst, lässt du das.” Also habe ich diesen Bereich in meinem Studium, als es für mich in die Fachklasse für Medienkunst ging, dann gänzlich ausgeklammert. Wobei ich sagen muss: Am Ende habe ich meinem Fachklassenleiter dann doch reinen Wein eingeschenkt, was ich so “nebenbei” noch alles gestemmt habe. Bis dahin hatte ich nämlich zum Beispiel schon meine Eigenverlagsserie Zuckerwasser beendet. Und da es mein Schaffen in der Kunsthochschule nie negativ beeinflusst hatte, war das dann nicht nur kein Problem, im Gegenteil, dass ich beides unter einen Hut bringen konnte, wurde sehr positiv aufgenommen. Dafür bin ich meinem Fachklassenleiter bis heute sehr dankbar. Inzwischen gehe ich auch an der Kunsthochschule offen mit dem Manga-Zeichnen um, einfach um anderen vielleicht auch ein bisschen Mut zu machen, zu dem zu stehen, was sie wirklich tun möchten. Außerdem denke ich, dass man nicht allen Manga einfach pauschal künstlerischen Anspruch absprechen kann, wenn ich da etwa an die Werke von Inio Asano denke …
Welche Dinge, die du im Studium gelernt hast, haben dir im Rückblick auf deinem weiteren Weg am meisten geholfen und wie hat dein Studium deine Arbeit beeinflusst?
R: Das Wichtigste, was ich im Studium gelernt habe waren: Kritikfähigkeit, Selbstreflexion, sich von Dingen, die einem ans Herz gewachsen sind, zu verabschieden, wenn sie nicht der Aussage des Werkes dienen und mich selbst und mein Schaffen ernst zu nehmen und auch gegenüber anderen zu behaupten. Gerade Letzteres war ein wichtiger Punkt, denn ich komme ursprünglich aus einen recht kleinen Ort und da ist Manga-ka oder Künstler:in sein erst mal nichts, was als Beruf wahrgenommen wird. (lacht) Zudem habe ich hier auch gelernt, dass es nicht gut ist, immer alles haarklein zu erklären, sondern dass es manchmal auch darum geht, die richtige Balance zwischen “Dinge Andeuten” und “Dinge nicht explizit Sagen” zu finden.
Wie ist die Idee zu Die innere Stimme – Briefe an Lille entstanden?
R: Die Frage kann ich leider nicht beantworten, ohne massiv zu spoilern. Viele meiner Ideen entstehen nämlich aus Gedankenexperimenten, bei denen ich dann gerne mal weiterspinne, wie sich Dinge oder Personen verhalten würden, wenn eine bestimmte Sache gegeben wäre. Wenn ich hier das Gedankenexperiment zu Die innere Stimme verraten würde, würde ich damit aber die Auflösung am Ende spoilern. Außerdem finde ich Menschen grundsätzlich faszinierend, erst recht jene, die ihr Leben meistern, obwohl es vielleicht nicht einfach ist. Aber auch Menschen die Dinge einfach aus Freundlichkeit tun. Daher waren Teil der Inspiration für den Titel bestimmt auch tolle Menschen, denen ich begegnen durfte. Was ich jedoch allgemein sagen kann, ist, dass mich die Geschichte schon etliche Jahre begleitet, sich aber seit der Grundidee stetig gewandelt hat, bis ich schließlich an den Punkt kam, dass ich dachte, sie ist rund genug, um sie in einer Bewerbung jemand anderem zu zeigen und dann bin ich damit zu altraverse gegangen.
Wie gehst du an die Charaktererstellung heran und lässt du dich auch von realen Personen inspirieren?
R: Mir war es wichtig, dass hier Charakter, Eigenschaften, Interessen und optische Erscheinung zueinanderpassen. Gerade bei Lille gab es etwa gewisse Dinge, die den Körperbau vorgegeben haben. Es waren eher die Charaktereigenschaften bei denen ich mich bei Menschen aus meinem Umfeld oder meinen eigenen Erfahrungen habe inspirieren lassen. Da diese dann aber wiederum maßgeblich für eine bestimmte Optik waren, denke ich, dass man es auch so sehen kann, dass hier reale Menschen für die beiden Modell standen.
Viele Dinge in Die innere Stimme – Briefe an Lille bleiben unausgesprochen. Welche Schwierigkeiten gab es, die richtige Balance zwischen vage und eindeutig zu finden?
R: Tatsächlich gab es hier im Vergleich zu Zuckerwasser deutlich weniger Schwierigkeiten, das richtige Maß zu finden, da ich mit meinem Redakteur Joachim Kaps einen Menschen an meiner Seite hatte, der hier ein wundervolles Gespür besitzt und mir an den entscheidenden Stellen Mut zugesprochen oder eben auch mal angemerkt hat, wenn es nicht funktionierte. Vom Epilog gab es beispielsweise zwei Versionen, eine etwas Explizitere mit Namedropping und dann die, die glücklicherweise gedruckt wurde. Wir haben beide besprochen, waren uns dann aber zum Glück direkt einig.
Du hast mit unter anderem Zuckerwasser zunächst Dojinshis im Eigenverlag veröffentlicht. Nun erscheint dein erster Manga bei altraverse. Wie unterscheidet sich die Arbeit mit einem Verlag vom Selfpublishing?
R: Ich muss zugeben, dass mir – für mich persönlich – gerade keine Nachteile für die Zusammenarbeit mit altraverse und meinem Redakteur Joachim Kaps einfallen. Generell ist, glaube ich, keines von beidem besser oder schlechter als das andere. Ich denke einfach, dass es Menschen gibt, die lieber im Eigenverlag für sich arbeiten und es gibt Menschen, die gerne mit Redakteur:innen zusammenarbeiten, wobei es hier sicher auf die jeweilige Person ankommt. Für mich war es eine unheimliche Bereicherung, meine Kapitel im Vorfeld mit meinem Redakteur zu besprechen. Einerseits aufgrund seiner Expertise, die ich extrem schätze, andererseits weil es mir den Mut gegeben hat, gewisse Dinge einfach mal auszuprobieren, denn ich wusste: Sage ich hier zu viel oder ist etwas komplett daneben, ist da mein Redakteur, der mich schon darauf hinweisen wird, dass hier gerade etwas nicht ganz rund ist. Außerdem konnte ich mit jeder Kritik weiter wachsen und somit insgesamt, denke ich, etwas schaffen, was mir allein und im Eigenverlag nicht möglich gewesen wäre. Denn ich habe aus der gemeinsamen Arbeit an Die innere Stimme – Briefe an Lille einfach sehr viel gelernt und bin meinem Redakteur unglaublich dankbar.
Wie würdest du selbst deinen Stil beschreiben?
Irgendwas zwischen dynamisch, minimalistisch und haarig mit einer ordentlichen Portion Licht. Tatsächlich fällt es mir immer schwer, meinen Stil selbst zu beschreiben, da ich, was ihn angeht, irgendwie betriebsblind bin. Ich zeichne so, wie es sich für mich am natürlichsten anfühlt und schaue dabei immer mal, dass ich dabei Dinge, die ich nicht mag oder “Fehler” vermeide. Aber eigentlich schaue ich nie, wie sich mein Stil von anderen Stilen unterscheidet, sondern schaue eher auf mein vergangenes Ich und wie ich mich verbessern kann. Ansonsten wird mir immer mal gesagt, die Nasen seien in meinem Stil sehr markant.
Und wie gehst du ans Zeichnen eines Kapitels respektive einer Seite heran?
R: Bevor die einzelnen Seiten entstehen können, geht es zuerst an die Kapitelplanung in Textform. Hier halte ich fest, was in den einzelnen Kapiteln geschehen soll. Dann wird das ganze Kapitel von seiner Textform in “Scribbles” überführt, das heißt, hier mache ich die Panelaufteilung und die groben Skizzen. Bis hierhin wird jeder einzelne Schritt jeweils mit meinem Redakteur besprochen. Nun folgen Vorzeichnungen und dann das Tuschen. Dann folgt nochmals eine Besprechung und schließlich mache ich mich ans Rastern und Sprechblasen-Setzen. Die haben zwar auch vorher schon ihren angedachten Ort, aber falls dann doch noch mal eine “geschubst” werden muss, ist es sehr praktisch, diese zuletzt drüberzusetzen. Und es gibt noch die finale Abnahme von meinem Redakteur. Danach geht es für das nächste Kapitel von vorne los. Hier alle Seiten auf einmal zu tuschen oder vorzuzeichnen, hat sich für mich insofern bewährt, dass ich so effektiver arbeiten kann, weil ich einen besseren Überblick behalte, was schon wie weit getan ist.
Was macht dir an deiner Arbeit am meisten Spaß und womit haderst du am meisten?
R: Das ändert sich immer, je nachdem, was ich zuletzt sehr lange machen musste. (lacht) Aber ich glaube, das für mich persönlich Schwerste, aber auch der – neben der Fertigstellung der Seiten – spannendste Schritt ist der Übergang von der Kapitelbeschreibung in Textform hin zur Seitenaufteilung und den ersten Skizzen. Hierfür brauche ich vergleichsweise lang. Einfach, weil es hier so viele Optionen gibt, wie man eine einzelne Szene angehen kann. Meine beiden liebsten Arbeitsschritte sind das Tuschen und das Rastern beziehungsweise die finale Fertigstellung der Seite. In den beiden Schritten wird einfach so viel entschieden und die Seite, die zuvor noch als Idee in meinem Kopf beziehungsweise als grobe Skizze auf Papier da war, wird geboren. Dieser Prozess macht mir einfach unheimlichen Spaß. Ansonsten liebe ich aber auch die absolut ganz frühen Stadien meiner Geschichten. Der Moment, wo es noch Raum für all die Gedankenexperimente gibt. Ich kann dann vermeintlich stundenlang einfach die Wand – oder noch besser: die Zimmerdecke – anstarren und vor meinem inneren Auge nimmt die Geschichte dann Gestalt an, Dinge werden überdacht, verworfen oder eben doch wieder eingebaut und ich lasse vor meinem inneren Auge meine Figuren für mich tanzen. Eigentlich mag ich jeden Schritt auf seine Weise wirklich gerne, denn “schwerfallen” heißt ja erst mal nur, dass es mich herausfordert, aber nicht, dass es mir keine Freude bereitet.
Du arbeitest zum großen Teil digital. Gibt es bestimmte Dinge, die du unbedingt analog machen musst oder Dinge, die du zwingend am PC machst? Welche Zeichenmaterialien hast du speziell für Die innere Stimme – Briefe an Lille verwendet?
R: Was ich bei all meinen Geschichten noch analog machen muss, ist die allererste Aufteilung der Seiten zusammen mit den groben Skizzen. Irgendwie habe ich das Gefühl, da analog einen besseren Überblick zu haben. Vielleicht auch, weil ich die Zettel mit den Skizzen gern mal auf dem Boden verteile und mir dann alle gemeinsam anschaue, um zu sehen, ob es insgesamt ein stimmiges Bild ergibt. Generell habe ich bei Die innere Stimme – Briefe an Lille erst meinen Computer zum Schreiben des Skriptes, dann 100g-Kopierpapier und Bleistift zum Erstellen der Storyboards und für alles Weitere mein 11-Zoll-iPad-Pro von 2017 sowie Clip Studio Paint verwendet. Auch wenn ich mein armes kleines iPad damit ein bisschen an seine Grenzen getrieben habe. (lacht)
Welches analoge Zeichengerät willst du nicht missen?
R: Papier, Bleistift und mein Klemmbrett. Einerseits, weil es zu meiner Arbeitsweise gehört und andererseits auch einfach wegen der Unabhängigkeit der Materialien. Sie können überall mit hingenommen werden und funktionieren ganz unabhängig von W-LAN und Stecker. Und ich liebe sowohl das analoge Tuschen mit der dokumentenechten Pilot-Tusche und den Zebra G-Pens und den Haltern von Tachikawa, als auch das analoge Kolorieren beziehungsweise Malen mit Aquarell, Gouache und meinen heiß geliebten COPIC-Markern. Leider schafft mein Scanner es aber zumeist nicht, die Farben beim Scannen zu erhalten, sodass ich bei Dingen, bei denen ich weiß, dass sie für den Druck sind, dann leider eben doch direkt auf die digitalen Medien zurückgreife.
Du warst vor der Pandemie auf Messen mit einem eigenen Stand anzutreffen und bist auch online aktiv. Welche Bedeutung haben die Nähe zu deinen Fans und Social Media für dich und was fehlt dir am meisten?
R: Was mir am meisten an den Conventions fehlt, ist der Austausch mit all den lieben Menschen, die mich immer an meinem Stand besucht haben und auch all meine lieben Zeichnerkolleg:innen wiederzusehen. Conventions hatten für mich irgendwie immer was von einem riesigen Klassentreffen, nur dass ich mich hier halt auf die allermeisten Menschen gefreut habe im Vergleich zu meinem tatsächlichen Klassentreffen. (lacht) Es ist so schön zu hören, was die Menschen bewegt, was gerade interessant für sie ist und so auch noch mal neue Dinge kennenzulernen. Und auch das Schlendern über die Zeichnermeilen fehlt mir wirklich sehr. Ich hab es geliebt, “geheime Schätze” zu suchen. Das waren für mich immer die neuen Eigenverlagsgeschichten, die ich zuvor nicht auf dem Schirm hatte. Wobei ich es auch bei den Dingen, die ich vorher schon auf dem Schirm hatte, einfach richtig, richtig schön fand, mir die dann zu holen und mich mit den Zeichner:innen auszutauschen. So viele Menschen und alle brennen für das Gleiche, das hat in mir immer ein Glücksgefühl hervorgerufen. Social Media ist während der Pandemie für mich wohl das wichtigste Mittel, den Kontakt zu all den Menschen eben nicht ganz zu verlieren. Klar können Instagram oder Twitter das Gefühl, wenn man sich live sieht, nicht ersetzen, aber man hat eben auch mehr Ruhe und kann sich gefühlt intensiver austauschen. So sind bei mir gerade während der Pandemie schon ganz wundervolle Gespräche entstanden, die durch die sozialen Medien überhaupt erst ermöglicht wurden. Dafür bin ich einfach sehr dankbar und möchte deswegen Instagram, Twitter und Co. als Möglichkeit für Kontakt auch auf keinen Fall missen. Ich freue mich immer sehr, wenn Leute mir Nachrichten schreiben, Fragen stellen oder auch einfach Feedback da lassen, das motiviert mich wahnsinnig und ich durfte so schon wirklich wundervolle Menschen kennenlernen, dafür bin ich einfach sehr dankbar.
Welche Künstler und Werke haben dich und deinen Stil beeinflusst?
R: Yayoi Ogawa, Alessandro Barbucci, Inio Asano und Mika Yamamori sind meine absoluten Lieblingskünstler:innen und werden mich daher bestimmt auch beeinflusst haben. Jedoch gibt es für mich keine:n Künstler:in, bei dem ich sagen würde: “Oh das gefällt mir so gut, das mache ich auch so”, weil ich meinen Stil eher als eine Art Handschrift, als eine aktive Entscheidung begreife. Damit meine ich nicht, dass ich nicht gewisse Dinge ändern könnte, ebenso wie man sich bei einer Handschrift ja auch dazu entscheiden kann ordentlicher oder gedrungener zu schreiben. Aber mein Stil ist das, was ich in jeder Lebenslage am schnellsten und natürlichsten hinbekomme. Darum habe ich mich im Laufe der Jahre auch von gewissen Dingen verabschiedet, die ich so gezeichnet habe, weil ich sie schön fand, die sich aber beim Prozess selbst irgendwie künstlich angefühlt haben.
Du betreibst gemeinsam mit Sozan Coskun (u. a. Green Garden) den Manga-ka-Podcast IKIGAI. Wie findet ihr die Themen dafür und wie kam es dazu?
R: Sozan und ich waren schon bevor wir, jeweils unabhängig voneinander, bei altraverse gelandet sind, befreundet und eines Tages bekam ich eine Sprachnachricht von ihr, ob ich mir nicht vorstellen könne, einen Podcast mit ihr zu machen. Ich war direkt Feuer und Flamme für die Idee. Dann gab es eine Probeaufnahme und wir merkten, dass die Chemie auch bei der Aufnahme des Podcasts wirklich gut stimmte, sodass wir uns vorstellen konnten, das gemeinsam auf die Beine zu stellen. Die Themen ergeben sich meist entweder beim Aufnehmen einer Folge, wenn wir feststellen, dass gewisse Aspekte nicht genug beleuchtet wurden, im Austausch mit den IKIGAI-Hörer:innen. Denn wir nehmen super gerne Themenvorschläge entgegen. Oder einfach, weil ein bestimmtes Thema uns einfach sehr am Herzen liegt, weil es uns in unserem Manga-ka-Alltag einfach dauernd begegnet. Oder manchmal haben wir auch Gäste, die wir zu IKIGAI einladen, dann sind es meist Themen, die wir selbst als Hörerinnen superspannend finden und einfach gerne mehr davon erfahren möchten.
Wie macht man Verlage am besten auf sich aufmerksam und wie ist es in deinem Fall ganz speziell gelaufen?
R: Wie man das am besten macht … keine Ahnung. Ich glaube, es gibt nicht den einen optimalen Weg, wie man am besten beim Verlag landet. Das zeigen ja auch zum Beispiel die sehr unterschiedlichen Wege wie meine lieben Kolleginnen bei altraverse gelandet sind, welche sich deutlich unterscheiden. Es hat schon seinen Grund, warum ausgerechnet die Folge von IKIGAI, in der es um dieses Thema geht, eine der längsten geworden ist. Bei mir persönlich war es eine Mischung aus der Teilnahme an Wettbewerben, zeichnerisch Aktivität in der Szene und Veröffentlichungen als Selfpublisherin und das stete Interesse, mich durch Kritik bei Mappensichtungen zu verbessern. Es war nämlich so, wenn ich es richtig zusammenbekomme, dass Joachim Kaps schon durch Vergessen – eine Kurzgeschichte, welche ich bei einem Wettbewerb eingereicht hatte – auf mein Schaffen aufmerksam geworden war. Dies erzählte er mir, als ich bei einer Mappensichtung vor ihm saß, nachdem er aber schon an meinem Stand auf Zuckerwasser gesehen hatte. Ich glaube, der beste Weg, einen Verlag für sich zu interessieren, ist wirklich einfach kontinuierlich Geschichten zu zeichnen, damit auch an die Öffentlichkeit zu gehen, aber eben auch Chancen wie Mappensichtungen wahrzunehmen und den Leuten da sehr genau zuzuhören, damit man auch eine Idee davon bekommt, welcher Verlag der richtige für einen sein könnte.
Schaffst du es derzeit noch, Mangas oder Comics anderer Künstler:innen zu lesen oder Anime zu schauen und wenn ja, welche Titel kannst du unseren Lesern empfehlen?
R: Animes schaue ich tatsächlich weniger, weil mir da dann halt eben doch die Zeit fehlt. Ich bin absolut nicht am Puls der Zeit. Aber Anime, die ich wirklich gerne geschaut habe, sind Puella Magi Madoka Magica, Aku no Hana: Die Blumen des Bösen, Beastars und ich liebe Gurren Lagann. Bei Mangas sieht das jedoch anders aus, denn ich liebe es, Mangas zu lesen, daher muss einfach Zeit dafür da sein beziehungsweise ich muss mir welche schaffen. (lacht) Zudem lerne ich auch immer unheimlich viel, wenn ich einen Manga toll finde und mir dann darüber Gedanken mache, warum ich ihn gut finde. Das heißt, ich nehme auch immer neuen Input für mein eigenes Schaffen mit. Mein absoluter Lieblingsmanga ist Tramps like us, den ich somit auch allen ans Herz legen möchte, wenn sie ihn noch irgendwo in die Finger bekommen. Our Summer Holiday ist ein wundervoller Einzelband, der mich ganz unerwartet und unvermittelt getroffen hat und Ran and the Grey World hat mich einfach als Gesamtpaket absolut bezaubert. Ansonsten kommt es drauf an, in welche Richtung es gehen soll, um hier die richtige Empfehlung auszusprechen. Gute Laune und drollige Geschichten: Barakamon und Yotsuba&! Romance der anderen Art: After the Rain, Lieb mich noch bevor du stirbst und This lonely Planet. Dinge, die weh tun (bitte erst reinschauen, wenn ihr schon mindestens 16 Jahre alt seid!): Homunculus und Am Abgrund. Spannende Mystery-Manga: After School Nightmare, Bright Sun – Dark Shadows und auch wenn da noch nicht so viele Bände raus sind, macht auch Die Schatten aus unserer Vergangenheit einen vielversprechenden Eindruck. Ansonsten kann und möchte ich aber auch uneingeschränkt die Werke meiner deutschen Kolleginnen bei altraverse zum Lesen empfehlen. Sie leisten alle so tolle Arbeit und erzählen wundervolle, anrührende und spannende Geschichten.
Auf Youtube sind einige Videos von dir zu finden, wie du zeichnest. Hast du schon mal überlegt, deine Kenntnisse auch an andere weiterzugeben oder hast du das vielleicht sogar schon mal gemacht?
R: Tatsächliche habe ich schon einige Kurse und auch Workshops rund ums Mangazeichnen gehalten. Die Erfahrungen hier sind durchweg positiv und auch das Lehren im Allgemeinen macht mir großen Spaß, was ich dank meinem ersten Staatsexamen in Kunst und Mathematik auf Lehramt schon für knapp zwei Jahre an öffentlichen Schulen erproben durfte. Wobei ich zugeben muss, dass mir Kurse mit Manga-Bezug noch mal deutlich mehr Freude bringen. Also ja, ich könnte mir vorstellen, das in naher Zukunft auch noch mal zu machen. Das Einzige, was es hier jedoch für mich abzuwägen gilt, ist der zeitliche Aufwand. So eine Sitzung oder Stunde will gut vorbereitet sein, damit die Schüler:innen besonders viel mitnehmen und es für alle eine gute Erfahrung wird. Hier musste ich mir leider eingestehen, dass die Zeit für die Vorbereitung zu sehr an anderer Stelle fehlt, sodass ich momentan keine Kurse mehr gebe. Ich möchte gerade einfach mehr Zeit für kommende Projekte schaffen, um endlich mal nicht in zu vielen Töpfen gleichzeitig zu rühren. Hier möchte und muss ich meine Prioritäten richtig setzen.
Derzeit ist eine direkte Interaktion mit den Fans ja leider kaum möglich. Möchtest du zum Start deines Mangas neuen und alten Fans vielleicht noch etwas mitteilen?
R: Schamlose Eigenwerbung: Schaut in Die innere Stimme – Briefe an Lille rein, lest es durch und schreibt mir dann bitte wie ihr das Ende aufgenommen habt. (grinst) Und jetzt ernsthaft: Ich freue mich sehr auf die Zeit, in der wir wieder am Stand ein Pläuschchen halten können und hoffe einfach, dass das möglichst bald wieder möglich ist. Und bis dahin möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um einfach mal Dankeschön zu sagen. Denn obwohl direkte Interaktion gerade nicht möglich ist, habe ich so viel Support, Zuspruch und liebe Nachrichten erhalten. Das bedeutet mir einfach wahnsinnig viel und manchmal sitze ich einfach ganz gerührt da und freue mich über all die Freundlichkeit und die lieben Menschen, die ich während ich in der Mangaszene und als Manga-ka aktiv bin, kennenlernen durfte. Daher: Einfach danke! Ihr gebt mir Mut und Motivation meinen Weg weiter zu verfolgen!
Racami, herzlichen Dank für deine Antworten und ganz viel Erfolg mit Die innere Stimme – Briefe an Lille.
Übrigens: Ihr könnt Racami auch auf ihren Social-Media-Kanälen bei Instagram, Twitter, Facebook und Youtube folgen, dort hält sie euch über ihre Arbeit auf dem Laufenden!
Eine Leseprobe zu Die innere Stimme – Briefe an Lille gibt’s auf der Webseite von altraverse – der Publisher bietet übrigens auch Merchadise zum Titel an!
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